Teil 1: Das Sakrament der Taufe
„Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Königtum Gottes kommen“.
(Evangelium nach Johannes, Kap. 3,5).
Die Taufe ist das Sakrament, bei dem der Gläubige durch dreimaliges Eintauchen des Körpers ins Wasser und durch Anrufung des Namens der Allheiligen Dreiheit - des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes - dem Leben des Fleisches und der Sünde abstirbt und durch den Heiligen Geist in einem geistigen und heiligen Leben erneuert wird. Dadurch wird der Getaufte in die Kirche eingeführt und wird zu ihrem Mitglied. Die Anrufung des Namens der Allheiligen Dreiheit bezeugt also das Bekenntnis des Taufbewerbers zu Ihr und zu Christus sowie auch seine Eingliederung in den Leib Christi als erneuerter und erleuchteter Mensch. Von jetzt an ist er „aus Wasser und Geist geboren“ und „der Weg in das Reich Gottes“ (Joh 3,5) ist für ihn geebnet.
Was bedeutet das in der Praxis? Die Taufe ist verbunden mit einer merklichen Veränderung des Lebens. Ein Mensch, der vorher nie gebetet hatte, wird nach der Taufe beginnen, sich tagtäglich, wenigstens kurz, an Gott zu wenden. Ging er früher nie in die Kirche – so wird er beginnen, Gottesdienste zu besuchen. Hatte er bisher niemals in der Bibel gelesen – so schlägt er sie jetzt auf. Hatte er die Gebote nicht gekannt und nicht befolgt, so lernt er sie nun kennen und beginnt sie zu befolgen. Ohne diesen grundlegenden Wandel im Leben des Getauften verliert die Taufe für ihn ihren Sinn und würde ihm deshalb wenig bringen. Für ein Kind, das getauft wird, sollte sich dieser Wandel im Leben seiner Eltern und der Familie zeigen, andernfalls würde es – obgleich getauft - trotzdem gottlos aufwachsen.
Aber Christ zu werden bedeutet nicht, dass man einfach nur seine Wertvorstellungen und seine Verhaltensweise aus praktischen Erwägungen des weltlichen Lebens ändert. Vielmehr muss man sich selbst grundlegend ändern, oder anders ausgedrückt: Dieses aus dem Wasser und dem Geist Geborensein muss sich in einem grundlegenden Wandel des bisherigen Lebensstils widerspiegeln. Der Getaufte muss sich bemühen, ein Leben in der Nachfolge Christi zu führen, gemäß dem Worte des Herrn: „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt, … der kann nicht Mein Jünger sein“ (Lk 14,27) und „Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Königtum Gottes kommen“ (Joh 3,5). In der Geschichte finden wir viele Beispiele, angefangen mit dem Apostel Petrus, bei denen Menschen begannen an Gott zu glauben, sich taufen ließen und zu wahrlich neuen Menschen wurden.
Nach der Geburt durch den Geist nimmt der Mensch die im Taufsakrament dargebotene Güte Gottes wahr, in ihm erwacht ein vom Geist geprägtes Leben. Er hört auf, nur für sich zu leben, er beginnt, nach den göttlichen Geboten, für Jesus Christus und andere Menschen zu leben. Hierin findet er für sich die Erfüllung seines Lebens. Die Hinwendung zu Christus führt zu einem völlig neuen Mittelpunkt seiner Interessen.
Taufe der Kinder und ihre Taufpaten
Für die Annahme der Taufe sind bei Erwachsenen ein fester Glaube, eine umfassende Beichte und die Abkehr von einem sündhaften Leben Voraussetzung. Die Taufe der Kleinkinder begann bereits in frühchristlicher Zeit. Bei ihnen kann man natürlich noch keinen festen Glauben erwarten, aber man tauft sie im Hinblick auf die Glaubensstärke ihrer Eltern und Taufpaten. Die Taufpaten heißen in der Kirche Paten (vom lateinischen Pater, Vater), denn sie empfangen das Kind nach dem Untertauchen im Taufbecken zur geistlichen und kirchlichen Erziehung.
Aber wer sind denn diese Taufpaten und warum sind sie erforderlich? Zum Taufpaten wird man in der Kirche, es ist eine kirchliche Institution. Deshalb besteht ihre wichtigste und einzige Verpflichtung darin, die Kinder zu gläubigen, orthodoxen Christen zu erziehen. Ist der Mensch damit einverstanden, erklärt er: „Ich glaube an Gott, ich bete zu Ihm und gehe in die Kirche“. Ferner geloben er Gott: „Ich verspreche feierlich, dass ich mein Patenkind im Glauben, im Gebet, in der Bibel und im Besuch der Kirche unterweisen werde“. Der Herr wird im letzten Gericht darüber Rechenschaft verlangen, inwieweit der Pate seinem Gelübde nachgekommen ist.
Bei der Auswahl eines Paten sollte man folglich auf den Glauben und die Kirchlichkeit der Menschen schauen. Manchmal kommt es vor, dass nahe Verwandte oder Freunde, die als erstes bei der Auswahl der Paten in den Sinn kommen, zwar gute Menschen sind, jedoch ungläubig oder weit von Gott entfernt sind. In dem Fall sollte man andere gläubige orthodoxe Menschen suchen, welche die Eltern in der religiösen Erziehung ihrer Kinder unterstützen können.
Wenn jemand längere Zeit nicht zur Beichte und zur Kommunion geht, hört er auf, ein Mitglied der Kirche zu sein. In einem solchen Fall kann der vorgesehene Pate nicht einfach bei der Taufe zugegen sein und an ihr in der eigentlich vorgesehen Weise mitwirken. Man wird deshalb erwarten dürfen, dass er rechtzeitig vor dem Tauftermin zur Beichte geht und die Kommunion empfängt.
Die Taufzeremonie
Zu Beginn der Taufe wird dem Kind ein Name gegeben. Es wird immer zu Ehren eines orthodoxen Heiligen getauft. Soll es zum Beispiel Nikolaj heißen, so wird es zu Ehren des hl. Nikolaus des Wundertäters getauft. Hat das Kind von seinen Eltern einen Namen erhalten, mit dem es keinen orthodoxen Heiligen gibt, z.B. Jan oder Diana, muss bei der Taufe ein anderer Name gewählt werden.
Der Taufe geht die Ordnung des Katechumenats voraus. Alle gottesdienstlichen Handlungen dieser Zeremonie haben eine tiefe Bedeutung. Zu den wesentlichsten gehören:
die Beschwörung und Vertreibung des Satans (des Teufels),
das Gelöbnis, sich von ihm loszusagen,
das Gelöbnis, sich mit Christus zu vereinigen und schließlich
das Bekenntnis des Orthodoxen Glaubens (durch das Vorlesen des Glaubensbekenntnisses).
Entsagung vom Satan:
Eingangs fragt der Priester: „Entsagst du dem Satan und von all seinen Werken und all seinem Dienst und all seinen Engeln und all seinem Pomp?“ Der Täufling antwortet (oder die Paten): „Ich entsage“.
Der Priester fragt nochmals: „Hast du dem Satan entsagt?“. Der Täufling bestätigt: „Ich habe entsagt“.
„So blase und speie ihn an“. Der Täufling wendet sich zum Westen (in die entgegengesetzte Richtung zum Osten, zu der Richtung, in die Christen Gott verehren), haucht und spuckt den Satan an, wodurch er ihm seine Schwäche im Vergleich mit der Macht Gottes demonstriert, sowie seine Abneigung kundtut und ihm zeigt, dass er ihm in Zukunft nicht mehr zu Diensten sein wird.
Da kleine Kinder noch nicht selbst sprechen und eigenständig antworten können, sprechen die Taufpaten die Entsagung vom Teufel aus. Gleichzeitig legen sie das Versprechen ab, mit allen Kräften die Kinder zu ermutigen, sich in ihrem späteren Leben als Erwachsene eigenständig vom Satan und seinen Diensten loszusagen.
Vereinigung mit Christus und das Bekenntnis des Glaubens:
Doch die Vertreibung des Teufels aus dem Herz des Menschen ist nicht genug. Christus selbst hat ein Gleichnis erzählt: wenn ein böser Geist aus einem Haus (also aus dem Mensch) vertrieben wird, kommt er irgendwann wieder, und wenn er den alten Wohnort leer antrifft, nistet er sich mit weiteren, noch schlimmeren Dämonen wieder ein. Daher ist es nicht genug, den Teufel zu vertreiben, Christus muss in dem Herzen des Menschen Wohnung nehmen. Deshalb folgt nach dem Ritus der Entsagung dem Teufel der Ritus der Vereinigung mit Christus.
Der Priester fragt: „Schließt du dich Christus an?“ Der Täufling antwortet: „Ich schließe mich an“! Hierauf fragt der Priester: „Hast du dich Christus angeschlossen?“ Der Täufling antwortet: „Ich habe mich angeschlossen“! Der Priester fragt weiter: „Und glaubst du an Ihn?“ Der Täufling antwortet: „Ich glaube an ihn als König und Gott“, und er liest das Glaubensbekenntnis.
Das Glaubensbekenntnis enthält in kurzer Zusammenfassung alle Wahrheiten des Christentums, die normalerweise in der Katechese gelernt werden. Wenn die Paten oder die Eltern das Glaubensbekenntnis nicht verstehen oder die Grundlagen ihres Glaubens nicht kennen, sollten sie diese kennenlernen.
Auf das Sprechen des Glaubensbekenntnisses folgt ein abschließender Dialog. Der Priester stellt zu Beginn erneut die Frage: „Hast du dich Christus angeschlossen“? Der Täufling antwortet: „Ich habe mich angeschlossen“. Hierauf bittet der Priester den Täufling Gott anzubeten: „So bete Ihn an“. Dieser verbeugt sich und bekennt laut: „Ich bete an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, die wesenseine und untrennbare Dreiheit.“
Hier beginnt das eigentliche Sakrament der Taufe. Der Priester spricht die Gebete zur Weihe des Wassers im Taufbecken und des Öles, diese sollten Aufmerksam verfolgt werden. Es folgen die Salbung mit dem geweihten Öl und der wichtigste Teil der Weihehandlung – das dreimalige Untertauchen des Täuflings in das Wasser mit den Worten: „Getauft wird der Knecht (die Magd) Gottes (Name) im Namen des Vaters. Amen. Und des Sohnes. Amen. Und des Heiligen Geistes. Amen.“ Währenddessen nimmt der Taufpate, der eines Geschlechtes mit dem Täufling ist, das Handtuch und wartet darauf, das Kind zu empfangen. Nach dem Verlassen des Taufbeckens wird dem Getauften vom Priester neue weiße Kleidung angelegt und er erhält sein Taufkreuz.
Nach den Worten des hl. Kyrill von Jerusalem bedeutet das Wasser nach der Weihe für den zu Taufenden „… das Grab und die Gebärmutter“ gleichermaßen. Das Grab deshalb, weil der Mensch durch das Eintauchen in das Taufbecken seinem sündhaften Leben erstirbt. Die Gebärmutter aber deshalb, weil er aus dem Wasser heraussteigend seine geistliche Geburt zu einem neuen, geistlichen Leben erfährt.
Es folgt nun unmittelbar ein weiteres Sakrament, die Myronsalbung, bei der der Priester in Kreuzform Stirn, Augen, Nasenflügel, Mund, Ohren, Brust, Hände und Füße des Täuflings mit Myron salbt und dabei jedes Mal spricht: „Siegel der Gabe des Heiligen Geistes. Amen“. Dadurch werden die Gaben des Heiligen Geistes verliehen, die den Menschen in seinem geistlichen Leben festigen sollen. Priester und Taufpaten umschreiten sodann mit dem Neugetauften dreimal das Taufbecken zum Zeichen der geistigen Freude über die Vereinigung mit Christus und der Hoffnung auf ewiges Leben im Himmlischen Königtum. Eine Lesung aus dem Brief des hl. Apostels Paulus an die Römer (Röm 6,3b-12) hebt den Gedanken hervor, dass in der Taufe jeder mit Christus mitbegraben aber auch zusammen mit Ihm auferweckt in einem neuen Leben wandeln wird. Der Auftrag, alle Menschen zu taufen, ergibt sich aus dem anschließend verlesenen Text des Evangeliums nach Matthäus (Mt 28,16-20).
Nunmehr wischt der Priester mit einem in Weihwasser getränkten Schwamm das Salböl ab und spricht hierbei: „Du wurdest getauft, erleuchtet, gesalbt, geheiligt und abgewaschen auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“
Anschließend schneidet der Priester kreuzförmig ein Büschel Haare ab mit den Worten: „Geschoren wird der Knecht (die Magd) Gottes (Name) auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“ Hierdurch wird angedeutet, dass der Neugetaufte und Gesalbte sich ganz und gar Gott übereignet hat und dass er von sich aus ein kleines Opfer bringt, um Gott gegenüber seine Dankbarkeit für den Beginn des neuen, geistigen Lebens darzubringen.
Als Zeichen hierfür trägt der Priester das getaufte Kind auf seinen Armen in die Kirche bis zur Heiligen Pforte. Handelt es sich um einen Jungen, so wird er durch den Altar geführt. Durch die Einführung in die Kirche wird das Kind Gott anheim gegeben.
Die Weihe des Öles, mit dem bei der Taufe zunächst das Wasser, dann der Täufling gesalbt wird, ist das Symbol für Heilung und Gesundheit, Versöhnung und Frieden. Die Kerzen bilden das Licht des wahren Glaubens ab, die weiße Kleidung weist auf die Befreiung der Seele des Christen von der Macht der Sünde und des Satans hin. Diese Seele soll er unbefleckt bewahren. Und schließlich ist da noch das am Körper zu tragende Kreuz als Zeichen der Nachfolge Christi und des Glaubens an seinen Sieg. Bei Todesgefahr kann die Taufe von jedem orthodoxen Christen durch Eintauchen in oder Übergießen mit Wasser und gleichzeitigem Sprechen der oben angegebenen Worte gespendet werden.
Dem Täufling muss bei der auf die Taufe folgenden Liturgie – üblicherweise an einem Sonntag - die Kommunion gereicht werden. Die Einheit von Taufe, Myronsalbung und Teilnahme am allheiligen Leib und kostbaren Blut des Herrn ist damit erreicht. Diese Einheit wird von der Orthodoxen Kirche als konstitutiv betrachtet.
Zur Taufe sind mitzubringen:
- Kleines orthodoxes Kreuz mit Kette oder kleiner Schnur. Das Kreuz muss eine Christusdarstellung zeigen.
- Taufkerze. Diese kann mitgebracht werden oder in der Kirche gekauft werden.
- Ein Taufkleid.
- Ein großes, weißes Handtuch.
Soll ein Säugling getauft werden, so soll er ausgeschlafen und gesättigt zur Taufe gebracht werden.
Fotografieren und Videoaufnahmen sind in der Kirche meist möglich. Diese sollten jedoch von ein bis zwei Personen gemacht werden, und nicht von allen Anwesenden simultan.
Zusammengestellt nach dem orthodoxen Katechismus von Bischof Alexander (Semenov-Tjan-Schanskij).
Das Glaubensbekenntnis
Das Glaubensbekenntnis ist eine kurze und genaue Wiedergabe der Grundlagen der christlichen Glaubenslehre, deren Grundlegung und Bestätigung auf dem 1. und 2. Ökumenischen Konzil (Nikäa 325 und Konstantinopel 381) erfolgten. Es ist in zwölf Artikel unterteilt. Während der Taufe muss es vom Täufling oder den Paten laut, überzeugt und klar verstehbar vorgelesen werden – auf Deutsch oder in Kirchenslawisch.
1. Ich glaube an den Einen Gott, den Vater, den Allherrscher, den Schöpfer des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren.
2. Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes einziggezeugten Sohn, den aus dem Vater gezeugten vor aller Zeit; Licht vom Lichte, wahren Gott von wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, den dem Vater Wesenseinen, durch den alles geschaffen ist.
3. Den für uns Menschen und zu unserer Errettung von den Himmeln Herabgestiegenen und Fleischgewordenen aus dem Heiligen Geist und der Jungfrau Maria und Menschgewordenen.
4. Den für uns unter Pontius Pilatus Gekreuzigten, der gelitten hat und begraben worden ist.
5. Den am dritten Tage Auferstandenen gemäß den Schriften.
6. Den in die Himmel Aufgestiegenen und zur Rechten des Vaters Sitzenden.
7. Den mit Herrlichkeit Wiederkommenden, zu richten die Lebenden und die Toten, dessen Königtum ohne Ende sein wird.
8. Und an den Heiligen Geist, den Herrn, den Lebenschaffenden, den aus dem Vater Hervorgehenden, den mit dem Vater und dem Sohn Angebeteten und Verherrlichten, der gesprochen hat durch die Propheten.
9. An die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
10. Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünde.
11. Ich erwarte die Auferstehung der Toten
12. und das Leben der künftigen Welt. Amen.
Erklärung der Teile (Artikel) des Glaubensbekenntnisses
1. Ich glaube bedeutet, dass ich aus vollem Herzen und mit ganzem Verstande anerkenne, dass Gott existiert, dass Er Einer dem Wesen nach und Drei in den Personen ist und dass Gott der Vater die erste Person der Allheiligen Dreieinheit ist. Ich glaube, dass Er alles Sichtbare (Erde, Sonne, Menschen, Tiere, Pflanzen, die gesamte materielle Welt) und alles Unsichtbare (Engel, die geistige Welt) erschaffen hat. Oft sprechen wir: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Der Ausdruck „im Namen“, der in der Einzahl verwandt wird, weist uns darauf hin, dass Gott Einer ist, die anschließende Nennung der Göttlichen Personen weist auf die Dreieinheit des Einen Gottes hin.
2. Auch glaube ich an den Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes. Er ist die zweite Person der Allheiligen Dreieinheit. Er ist in allem Gott und dem Vater gleich. Er ist aus dem Vater gezeugt vor aller Zeit (der Sohn Gottes ist somit gleich ewig wie der Vater), gezeugt als Licht vom Lichte, Er ist wahrer Gott vom wahren Gott und Er besitzt mit dem Vater ein und dasselbe Göttliche Wesen.
3. Für uns sündhafte Menschen stieg der Sohn Gottes von den Himmeln herab, um uns von der Sünde, dem Teufel, den bösen Mächten und dem Hades zu erretten. Er nahm die menschliche Natur an und wurde von der Allreinen Jungfrau Maria geboren, die Ihn durch die gnadenerfüllte Mitwirkung des Heiligen Geistes empfing. Der Sohn Gottes wurde, obwohl Gott bleibend, Mensch. Er nahm unsere Natur an mit Ausnahme der Sünde.
4. Zu der Zeit, zu der Pontius Pilatus als Statthalter des römischen Kaisers Judäa in Palästina verwaltete, nahm unser Herr Jesus Christus unserer Sünden wegen Kreuzigung, Leiden, Tod und Grab auf Sich. So wie Pilatus ist auch Christus eine Persönlichkeit der Geschichte.
5. Am dritten Tag (den Tag der Kreuzigung mit gerechnet) erstand Jesus Christus aus dem Grabe und erschien Seinen Jüngern. Dieses Ereignis feiern die Christen am Osterfest. In Seinen Leiden, Seinem Tod und Seiner Auferstehung wurden die Weissagungen der Propheten erfüllt wie sie in den Heiligen Büchern der Bibel beschrieben sind.
6. Am 40. Tage nach Seiner Auferstehung fuhr der Sohn Gottes, der Herr Jesus Christus, leiblich in das Himmlische Königreich auf, wo Er zusammen mit dem Vater die ganze sichtbare und unsichtbare Welt lenkt, was durch die Bezeichnung „(den) zur Rechten des Vaters Sitzenden“ ausgedrückt wird. Der Sohn Gottes verfügt somit über Gewalt, Macht und Ehre wie Gott, der Vater. Als wahrer Gott hat der Sohn Gottes die Eigenschaft der Allgegenwärtigkeit, Er wirkt zur gleichen Zeit überall, im Himmel und auf Erden.
7. Ich glaube, dass es die Zweite Ankunft des Herrn Jesus Christus geben wird. Er wird auf der Erde erneut in sichtbarer Weise erscheinen, jedoch nicht in der früheren Erniedrigung sondern in Himmlischer Herrlichkeit, umgeben von Engeln. Er wird wiederkommen, um das große Furchtbare Gericht über alle Menschen zu halten, über die Lebenden und Toten. Das Ende der Welt wird anbrechen, alle Menschen, von Adam angefangen, werden auferstehen, Himmel und Erde werden vergehen. Das Königtum Jesu Christi, das Reich Gottes also, wird nach dem Furchtbaren Gericht ohne Ende sein.
8. Auch glaube ich an den Heiligen Geist, an die dritte Person der Allheiligen Dreieinheit. Er ist wahrer Gott, mit dem Vater und dem Sohn eines Wesens und ihnen gleich. Der Heilige Geist geht vorewig aus dem Vater hervor, Er bewirkt alles Leben und wird deshalb Lebensschaffender genannt. Dem Heiligen Geist Gottes gebührt die gleiche Anbetung, Verehrung und Verherrlichung wie Gott Vater und Gottes Sohn. Über das Wirken des Heiligen Geistes berichten die Prophetenbücher der Bibel im Alten Testament und die Schriften Apostel im Neuen Testament.
Über die Heilige Dreiheit. Man muss sich stets vor Augen halten, dass es nur einen Gott gibt. Der Vater ist wahrer Gott, der Sohn ist wahrer Gott wie auch der Heilige Geist. Es handelt sich nicht um drei einzelne Gottheiten sondern um einen Gott in drei Personen. In der einen göttlichen Natur sind für uns geheimnisvoll Drei Göttliche Personen unvermischt und untrennbar verbunden. So ist es uns in der Heiligen Schrift geoffenbart, so glauben wir und so findet es in den Gebeten der Orthodoxen Kirche seinen Ausdruck.
9. Ich glaube an die wahre Kirche Gottes, die aus der Gemeinschaft der Christen orthodoxen Glaubens besteht und unsichtbar von Jesus Christus durch die von Ihm berufenen priesterlichen Hirten geleitet wird. Ich achte sie voll Ehrfurcht und befolge mit vollem Vertrauen und Liebe ihre Lehre wie sie in der Bibel grundgelegt ist. Der Herr Jesus Christus Selbst hat sie auf dieser Erde gegründet und leitet sie unsichtbar zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist. Ich glaube, dass es nur eine wahre Kirche Gottes - die Orthodoxe Kirche - gibt, weil es nur einen Gott, nur einen wahren Glauben an Ihn und nur eine wahre Lehre über Ihn gibt. Die Kirche Gottes ist heilig, weil ihr Gründer der Sohn Gottes ist, Der uns durch die Kirche, ihre Lehre, die Gebete und Sakramente in Seiner Gnade heiligt. Auch glaube ich, dass die wahre Kirche Gottes die Allgemeine oder Ökumenische ist, weil sie von dem Herrn nicht für irgendein Volk, für irgendein Land oder irgendeine Zeit sondern für alle Völker, Länder und Zeiten errichtet wurde. Unter Seiner Obhut und Leitung nimmt sie mit einzigartiger Liebe den Einfachen und den Gebildeten, den Angesehenen und den Vernachlässigten, den Reichen und den Armen, den Alten und Jungen an. Die Orthodoxe Kirche besteht aus 15 Autokephalen Orthodoxen Kirchen: der Russischen, Griechischen, Grusinischen, Serbischen, Rumänischen, Bulgarischen sowie einigen anderen Kirchen. Auch glaube ich, dass die wahre Kirche Gottes die Apostolische ist, weil sie wahrhaftig und unverändert jene Lehre bewahrt, welche Christus, der Erlöser, den Menschen gebracht hat und welche die heiligen Apostel der Welt weitergegeben haben. In der Kirche wird die Kontinuität der Weitergabe der Gnadengaben des Heiligen Geistes die bischöfliche Handauflegung aufrechterhalten, die ihren Ursprung bei den Aposteln hat.
10. Ich erkenne an, dass die Taufe (die geistige Geburt) nur einmal im Leben vollzogen werden kann, da auch die leibliche Geburt eines Menschen nur einmal erfolgt. In der Taufe werden die Sünden des vorhergegangenen Lebens verziehen. Zur Vergebung der nach der Taufe begangenen Sünden muss der Erwachsene (wie auch die Kinder nach dem siebten Lebensjahr) diese in der Beichte vor einem Priester bekennen, der dem Beichtenden durch sein Gebet und seine Worte in der Beichte selbst Hilfestellung leistet.
11. In fester Überzeugung erwarte ich, dass alle Verstorbenen bei der Zweiten Wiederkunft Christi leiblich auferstehen werden und dass ihre Seelen, die sich in einer geistigen Welt befinden, erneut mit einem eigenen Körper versehen werden. Die auferstandenen Menschen werden dann vor das Furchtbare Gericht geführt.
12. Ich glaube, dass nach dem Furchtbaren Gericht „das Leben der zukünftigen Zeit“ beginnen wird, das ewig, ohne Ende währt. Für jene, die sich im Paradies mit Gott, den Engeln und den Heiligen befinden, bedeutet es ewige Freude und Glückseligkeit, für jene im Totenreich aber ewige Qual. Die Entscheidung über das ewige Schicksal des Menschen trifft der Herr Jesus Christus in Überstimmung mit dem geistig-moralischen Zustand dieses Menschen, im Hinblick darauf, wie er sein irdisches Leben gestaltet hat.
Über die Errettung: Jeder Mensch ist von Geburt an mit der Krankheit der Erbsünde behaftet. Diese verleitet ihn, stets irgendeine Sünde zu begehen. Von dieser Krankheit – wie auch vom Satan, den bösen Mächten und dem Hades - muss jeder Mensch errettet werden. Diese Errettung ist nur möglich durch unseren Erretter Jesus Christus, durch ein Leben in Übereinstimmung mit den göttlichen Geboten und durch die von Ihm zur Errettung der Menschen auf Erden gegründeten Kirche. Die Bezeichnung „Orthodoxie“ weist auf den rechten Glauben und die eine wahre Kirche hin.
Über unseren Erlöser, den Herrn Jesus Christus
Der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, ist nach dem Willen Gottes, des Vaters, aus Liebe zu uns sündigen Menschen auf die Welt gekommen. Er hat freiwillig durch die Geburt aus der Jungfrau Maria die menschliche Natur angenommen, Er wurde Mensch und der Erlöser der Menschheit.
Durch Sein Wort und Beispiel lehrte Er die Menschen, ein heiligmäßiges Leben zu führen, um hierdurch zu Kindern Gottes zu werden und der ewigen Freude eines Lebens im Königtum Gottes teilhaftig zu werden. Durch Sein Leiden, Seinen Tod am Kreuze, Seine Auferstehung am dritten Tag und Seine Auffahrt in die Himmel erlöste Er uns von den Sünden, besiegte den Satan, den Tod und das Reich des Todes. Er ist das Haupt der von Ihm gegründeten Kirche, dem Reich Gottes auf Erden. Am Ende der Zeiten wird Jesus Christus erneut auf diese Welt kommen, um über die Lebenden und Toten Gericht zu halten. Danach beginnt das Königtum der Herrlichkeit, das Paradies, die Zeit der ewigen Freude für die Erretteten. So ist es uns durch Propheten in der Heiligen Schrift versprochen.
Die Ankunft des Erlösers auf Erden hat Gott bereits Adam und Eva nach ihrem Sündenfall verheißen und ihnen Hoffnung auf Errettung gegeben mit den Worten an die Schlange, die Eva im Paradiese verführte: „Der Nachkomme der Frau soll dir den Kopf zertreten“ (Genesis 3,15). Über die Jahrtausende bereitete Gott die Menschen auf das Kommen des Erlösers, Seines Sohnes vor. Über den gerechten Abraham wählte Gott das Volk der Hebräer aus, den rechten Glauben zu bewahren und die Hoffnung auf das verheißene Kommen des Erlösers, den die Propheten des Alten Testamentes Messias nannten, weiterzugeben.
Eingeleitet wurde das Kommen des Herrn in diese Welt durch die Verkündigung des Erzengels Gabriel an die Jungfrau Maria, dass sie einen Sohn gebären werde, Dem sie den Namen Jesus geben solle (Lk 1, 31). Sie wurde gewürdigt, die Mutter des Erlösers, die Mutter Gottes, die Gottesgebärerin zu werden. In Vorbereitung ihrer Annahme durch Gott verbrachte sie von ihrem dritten Lebensjahre an etwa zwölf Jahre im Tempel von Jerusalem, in den sie von dem Hohepriester Zacharias eingeführt wurde. Die Kirche gedenkt dieses Ereignisses im Fest „Einführung in den Tempel der Allheiligen Gottesgebärerin“. Ihre vollständige Hingabe an ihren Schöpfer bezeugte sie vor dem Erzengel Gabriel mit den Worten: „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast“ (Lk 1,38). Jesu Geburt erfolgte neun Monate später in einer bescheidenen Höhle in der Stadt Bethlehem, in die Josef mit seiner Verlobten Maria anlässlich einer Volkszählung gegangen war. Mit der Geburt Jesu beginnt unsere Zeitrechnung.
Über die ersten 30 Jahre des Lebens Christi ist nur wenig bekannt. Er lebte zusammen mit Seiner Mutter im Hause des Josef und „Er war ihnen untertan“ (Lk 2,51). Mit 30 wurde Er von Johannes dem Täufer im Jordan getauft. Bald darauf begann der Herr mit Seiner Predigttätigkeit und rief – wie Johannes der Täufer – die Menschen zur Buße auf: „Tut Buße. Denn das Königtum der Himmel ist nahe gekommen“ (Mt 4,17). Kurze Zeit später berief Er die zwölf Apostel (Mt 10,2). Sie waren stets mit Ihm zusammen, begleiteten Ihn und wurden von Ihm unterwiesen. Der Herr sandte sie aus in die einzelnen Ortschaften, wo sie predigen und aus Mitleid zu den Menschen Wunder vollbringen sollten (Mt 10,7-8). Der Herr selbst zog ständig im Heiligen Land umher, verkündete die Botschaft vom Königtum Gottes und legte dar, wie jeder dieses Königtums teilhaftig werden könnte. Besonders betonte Jesus das Gebot der Liebe, die gleichermaßen Gott und dem Nächsten gebührt. Denn „An diesen beiden Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten“ (Mt 22,40). Die Liebe ist geradezu die Erfüllung des Gesetzes (Röm 13,10). Auch Seine Worte über die Barmherzigkeit, Demut und Sanftmut lösten bei Seinen Zuhörern ebenso tiefe Emotionen aus wie die über die Wahrheit und das Gebet. Als angemessenes Gebet bezeichnet Christus das ‚Vater Unser‘ (Mt 6, 9-13). Viele Menschen änderten daraufhin ihren Lebenswandel, wandten sich ab von der Sünde und dem Bösen und wandten sich dem Guten zu und strebten nach einem Leben im Lichte.
Jesus Christus bezeugte Seine göttliche Würde durch viele Wunder und prophetische Worte. So legte sich auf Sein Wort hin augenblicklich der Sturm auf dem See, Er schritt über die Wasser wie über Land, vermehrte Brote zur Speisung von einigen tausend Menschen, die Ihm zuhörten; Er erweckte Tote, trieb böse Geister aus und heilte aus Barmherzigkeit und tief empfundenen Mitleid zahllose Schwerkranke. Dem Herrn ging es dabei nicht um menschliche Ehrungen, Er untersagte es sogar, über die Wunder zu reden. Sein Wort galt Ihm mehr als das Wunder. Er wünschte und wünscht, dass die Menschen Seinen Worten Glauben schenkten, sie in ihr Herz aufnahmen und ihr Leben nach ihnen ausrichteten. Der Erlöser wirkte die Wunder nicht zu Seinem eigenen Nutzen, etwa um durch die Vermehrung der Brote Seinen eigenen Hunger zu stillen.
Das ruhmreichste Wunder des Erlösers war Seine eigene Auferstehung von den Toten, die für alle Christen das freudigste Ereignis darstellt. Dies zeigt sich in dem Ausruf der österlichen Freude: „Christus ist auferstanden!“ und die traditionelle Antwort: „Wahrhaft auferstanden!“ Durch Seine Auferstehung wurden der Teufel, der Hades, die Sünde, alle Mächte des Bösen und der Tod selbst besiegt. Er predigte die Buße und verkündete das Königtum Gottes sogar im Hades. Alle im Hades befindlichen menschlichen Seelen wurden durch Ihn aus dem Hades errettet, sofern sie Ihn als Sohn Gottes anerkannten und ihre Sünden bekannten. Durch den Sieg über den Hades öffnete Jesus Christus das seit dem Sündenfall von Adam und Eva verschlossene Paradies und führte die erlösten menschlichen Seelen in dieses hinein. Von diesem Zeitpunkt an hat jeder Mensch die Möglichkeit der Hinwendung zu Christus. Er kann durch ein Leben nach Seinen Geboten und mit den Gnadengaben der Orthodoxen Kirche in das Königtum Gottes eingehen.
Die Evangelisten beschrieben eine Reihe von Prophezeiungen des Herrn. Hierzu zählen zum Beispiel die Verleugnung durch Petrus, der Verrat durch Judas, Seine eigene Kreuzigung und Auferstehung, die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel, die Verfolgungen wegen des Glaubens, die Verbreitung verlogener Lehren, die Zerstörung Jerusalems. Ihre Erfüllung finden wir im Evangelium selbst, in der „Apostelgeschichte“ sowie in den Geschehnissen der ersten Jahrhunderte. Einige Prophezeiungen Christi mit Bezug auf die Endzeit erfüllen sich vor unseren Augen und in der nicht fernen Zukunft der Welt: die Ausbreitung des Evangeliums über die ganze Welt, die Verbitterung der Menschen, das Erkalten des Glaubens und der Liebe, die Kriegshandlungen und die Naturkatastrophen. Die Erfüllung weiterer Prophezeiungen wird noch eintreten: der Beginn der Herrschaft des Antichristen in der Welt, die zweite Wiederkunft Christi, der Sieg über den Antichristen und alle Mächte des Bösen in der letzten Schlacht, das Ende dieser Welt, die allgemeine Auferstehung der Toten, das Jüngste Gericht – dies alles steht noch bevor.
Das öffentliche Wirken unseres Herrn Jesus Christus vollzog sich über drei Jahre. Die Hohepriester, Schriftgelehrten und Pharisäer im Hohen Rat (Synedrion), dem höchsten Staatsorgan des hebräischen Volkes, akzeptierten Ihn und Seine Lehre nicht, blickten argwöhnisch auf Seine Wunder und die hierdurch hervorgerufene Popularität im Volke. Deshalb suchten sie nach einem Vorwand, Ihn zu töten. Dieser bot sich ihnen kurz vor dem Passahfest. Der Herr zog mit Seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge feierlich in Jerusalem ein. Mutig vertrieb Er die geldgierigen Händler aus dem Jerusalemer Tempel, wodurch Er den mächtigen Zorn der hebräischen Oberen auf sich herabrief. Furchtlos trug Er öffentlich Seine das Synedrion beschuldigende Gleichnisse vor, unterwies täglich umfassend das Volk und wirkte Heilungswunder. Aus Furcht vor dem Volke wagten es die Mitglieder des Synedrions nicht, Christus gefangen zu nehmen. Doch einer von den Aposteln, Judas Iskariot, bot dem Hohen Rat an, ihnen Christus für dreißig Silberlinge zu überliefern. Sie nahmen den Vorschlag erfreut an (Mt 26, 14-16). Am Donnerstagabend vor dem Passahfest verbrachte Jesus Christus mit Seinen Jüngern. Hierbei gab Er ihnen ein Beispiel höchster Demut. Er wusch ihnen (auch dem Judas) die Füße wie ein Diener. Während des Passahmahles setzte Er das Mysterium der Kommunion (das Sakrament der Eucharistie) ein, an dem alle Apostel teilnahmen (Mt 26, 26-28). So wurde zum ersten Mal die Liturgie vollzogen, die für die Orthodoxe Kirche der wesentliche und zentrale Gottesdienst ist.
Nach dem Mahle gingen sie zum Ölberg, zum Garten Gethsemane. Während Seine Jünger schliefen, betete Christus inständig und angstvoll zu Gott, Seinem Vater: „Vater, wenn Du willst, nimm diesen Kelch von Mir weg – doch nicht Mein Wille sondern der Deine geschehe!“ (Lk 22, 42-43).
Schließlich erschienen eine Menge bewaffneter Leute mit den Hohepriestern und Judas, der Jesus mit einem Kuss Seinen Verfolgern auslieferte. Man führte Ihn vor den Hohen Rat, wo Er der Gotteslästerung bezichtigt wurde, worauf die Todesstrafe stand. Am nächsten Morgen (Freitag) wurde Er in der Frühe vor den römischen Statthalter Pontius Pilatus geführt, der anfangs kein Todesurteil aussprechen wollte. Doch aus Angst vor einer Anzeige in Rom gab er der hartnäckig vorgetragenen Forderungen der Volksmenge nach. Christus wurde zum Berg Golgatha verbracht und zwischen zwei Räubern gekreuzigt. In Ergebenheit nahm Er diese fürchterlichen Qualen und diese Art der Hinrichtung an. Trotz der durch Seine schrecklichen Verletzungen hervorgerufenen Qualen fand Er noch die Kraft, für Seine Feinde zu beten und zu sprechen: „Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lk 23,34). Am Mittag kam für drei Stunden Finsternis über das ganze Land, die Sonne verfinsterte sich und Jesus rief: „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30) und „Vater, in Deine Hände übergebe ich Meinen Geist!“ (Lk 23, 46).
Ein heimlicher Jünger von Jesus, Josef von Arimathäa, erhielt von Pilatus die Erlaubnis, Christus zu bestatten. Er legte Seinen Leichnam in sein neues Grab und wälzte einen Stein vor den Eingang zur Gruft (Mk 15, 42-46). Am nächsten Tag erreichten die Hohepriester und Pharisäer, dass Pilatus das Grab durch Soldaten sichern ließ. Diese versiegelten den vorgewälzten Stein.
Am dritten Tag nach dem Tod am Kreuze erstand Christus von den Toten. In aller Frühe gingen Maria Magdalena, Maria – die Mutter des Jakobus – und Salome zum Grabe. Sie fanden es geöffnet und ein Engel verkündete ihnen, dass der Herr auferstanden ist und dass Seine Jünger und Petrus Ihn in Galiläa sehen würden (Mk 16, 1-8). Und so geschah es. Denn am Abend dieses Tages trat Jesus in ihre Mitte und sprach: „Friede euch!“ (Joh 20,19).
Der Herr erschien Seinen Jüngern im Verlauf der folgenden vierzig Tage häufiger und redete zu ihnen über Dinge, „die das Reich Gottes betreffen“ (Apg 1,3). Am vierzigsten Tage schied Er, während Er sie segnete, „von ihnen und wurde hinaufgetragen in den Himmel“ (Lk 24, 51). Seitdem warten wir im Glauben auf die Aussagen der Heiligen Schrift die Zweite Wiederkehr Christi mit dem Endgericht, das über alle Menschen ergeht.
Auf einen sehr wesentlichen Sachverhalt sei hier noch hingewiesen. Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Die Väter des Vierten Ökumenischen Konzils von Chalkedon (451) fanden hierfür folgende Formulierung: Christus ist als Menschgeborener beides: wahrer Gott und wahrer Mensch in zwei Naturen, die ungetrennt und ungeschieden, unvermischt und unverwandelt zu einer Person vereint sind. Anders ausgedrückt: In Jesus Christus sind Gott und Mensch so vereint, dass weder die Gottheit abgeschwächt, noch die Menschheit von der Gottheit verschlungen oder ausgelöscht wird. Das bedeutet aber auch, dass Christus nur als Mensch gelitten hat und gestorben ist. In einem Tropar heißt es: Im Grabe warst Du leiblich, im Hades mit der Seele als Gott, im Paradies mit dem Räuber, auf dem Thron mit dem Vater und dem Geist, Christus, alles Erfüllender und Unbegrenzter.
Wir sehen, Christus will durch Sein Leiden und seine Auferstehung uns Menschen erlösen, uns von unseren Sünden, dem Teufel und dem Hades befreien. Er handelt aus Liebe zu uns, wir können und dürfen sagen: Gott ist die Liebe. Unseren Weg zu Ihm, zu Seiner Liebe finden wir in der Orthodoxen Kirche, die uns den wahren Glauben lehrt, auf Seine Gebote und Seine Frohe Botschaft (Evangelium) hinweist und uns in ihren Sakramenten uns zu einem Leben in Ihm befähigt.
Der Herr möge uns helfen, Ihm auf Erden nachzufolgen und mit Ihm in der Ewigkeit bleibend vereint zu werden.
Die Bibel
Das Wort „Bibel“ bedeutet in der Übersetzung aus dem Griechischen „Bücher“. Andere Bezeichnungen sind: Wort Gottes, Göttliche Offenbarung oder Heilige Schrift. Sie drücken aus, dass der eigentliche Verfasser Gott selbst ist. Die Propheten, Evangelisten und Apostel haben allerdings als Mitarbeiter Gottes an der Abfassung dieses heiligen Werkes mitgewirkt. Durch sie ist das Wort Gottes in menschlicher Sprache auf uns überkommen. So wurde es für uns zugänglich. Die Bücher der Bibel sind erfüllt vom Geist Gottes, da die Verfasser der einzelnen Texte sie unter der besonderen gnadenerfüllten Einwirkung des Heiligen Geistes verfasst haben. Dadurch waren sie befähigt, die Göttliche Offenbarung aufzunehmen und an uns weiterzugeben, uns den Willen Gottes und Seine Sicht auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu offenbaren.
Die Bibel umfasst 77 Bücher, die zu einer aus zwei Teilen, dem Alten Testament (AT) und dem Neuen Testament (NT), bestehenden Einheit zusammengefasst wurden.
Das Alte Testament umfasst 50 Bücher. Es beginnt mit den fünf Büchern (Pentateuch) von Moses. Zu ihren wesentlichen Inhalten gehören die Erschaffung der Welt und des Menschen, der Sündenfall, die Gebote des Gesetzes Gottes (Zehn Gebote). Weitere Bücher des AT sind die Geschichtsbücher, das Psalmenbuch, die Weisheitsbücher und die Prophetenbücher (zum Beispiel: Jesaja, Jeremia, Ezechiel) und das Buch der zwölf Kleinen Propheten. Die ältesten Schriftzeugnisse stammen etwa aus dem 14. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, vor Christi Geburt also. Die Orthodoxe Kirche hat das AT in der griechischen Übersetzung übernommen, die um 250 vor Christus von 70 Schriftgelehrten angefertigt wurde. Sie trägt deshalb auch die Bezeichnung Septuaginta. Es handelt sich um das lateinische Wort für siebzig. Sie wird oft abgekürzt mit LXX (der römischen Schreibweise für die Zahl 70) wiedergegeben.
Texte aus dem AT hören wir in den Gottesdiensten vor allem in der Zeit der Großen Fasten und der Hohen Woche (der Woche vor Ostern). Es sind hier hauptsächlich Texte aus der Genesis, den Propheten und den Sprüchen zu nennen. Psalmen begleiten uns in den Stundengebeten und in den Abendgottesdiensten der Orthodoxen Kirche das ganze Jahr über.
Das Neue Testament besteht aus 27 Schriften. Es handelt sich um die vier Schriften der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die Apostelgeschichte, die 14 Paulusbriefe, die 7 Katholischen Briefe und die Offenbarung des Johannes. Die vier Schriften der Evangelisten werden zusammengefasst unter dem Begriff Evangelium. Dieses geht auf ein griechisches Wort zurück und bedeutet ‚Frohe Botschaft‘ im Sinne der frohen Botschaft Gottes an die Menschen. Bei jeder Göttlichen Liturgie wird ein Abschnitt aus dem Evangelium verkündet. Wird zum Beispiel ein Abschnitt aus der Schrift des Evangelisten Matthäus vorgetragen, so heißt es: Lesung aus dem Evangelium nach Matthäus. Dem Evangelium geht stets als Apostellesung ein Abschnitt aus einer der anderen Schriften des NT (außer der Offenbarung des Johannes) vorher. Meist handelt es sich dabei um einen Text aus einem der Briefe des hl. Apostels Paulus.
Jede orthodoxe Schriftauslegung ist ein Teil des kirchlichen Dienstes. Sie orientiert sich an der Gottesdienstfeier. Es gibt nach orthodoxer Auffassung keine rein textkritische Betrachtung der Schrift. Zum Verständnis einer Schriftstelle muss man also immer den Blick auf das Heilsmysterium als Ganzes richten. Gottes Wort erschließt sich dem Gläubigen am ehesten im Mitvollzug der gottesdienstlichen Feiern des Kirchenjahres, weil in ihnen Teile der Schrift verkündet werden. Für die Zeiten, in denen ein Besuch des Gottesdienstes nicht möglich ist, kann sich der Gläubige nach dem jährlichen Kirchenkalender richten, in dem die Tageslesungen angegeben werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, das Alte Testament wie auch das Neue Testament nach einem persönlich gefassten Plan kapitelweise zu lesen.
Die Gebote des Gesetzes Gottes: Die Zehn Gebote
1. |
Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst keine fremden Götter neben Mir haben. |
2. |
Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. |
3. |
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen. |
4. |
Gedenke des siebten Tages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Werke tun. Aber der siebte Tag soll dem Herrn, deinem Gott, geweiht werden. |
5. |
Du sollst Vater und Mutter ehren, das es dir wohl ergehe und du lange lebest auf Erden. |
6. |
Du sollst nicht töten. |
7. |
Du sollst nicht ehebrechen. |
8. |
Du sollst nicht stehlen. |
9. |
Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten. |
10. |
Du sollst nicht begehren die Frau deines Nächsten, nicht seines Hauses, nicht seiner Diener, nicht seiner Dienerinnen, nicht seines Ochsen, nicht seines gesamten Viehs, nichts, was deinem Nächsten gehört (Ex 20, Deut 5). |
Eine wesentliche Hilfe zum Verständnis der Bedeutung der Gebote bieten die folgenden Verse aus dem Evangelium nach Matthäus: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist diesem gleich: Du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ (Mt 22, 37-40)
Wichtige Gebete
Das Gebet des Herrn – Das Vater unser
Vater unser, der Du bist in den Himmeln,
geheiligt werde Dein Name, Dein Königtum komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser notwendiges Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schulden,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Loblied auf die Allheilige Gottesmutter
Gottesmutter, Jungfrau, freue dich, gesegnete Maria, der Herr ist mit dir.
Gebenedeit bist du unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes,
denn du hast den Retter unserer Seelen geboren.
Für die Lektüre empfohlene Bücher:
- Lesung des Apostels und des Evangeliums. Am besten liest man ein Kapitel am Tag, beginnend mit dem Evangelium nach Lukas.
- Orthodoxes Gebetbuch, Kloster des Hl. Hiob von Pocaev, München. Im Gebetbuch gibt es die Morgen- und Abendgebete, die man jeden Morgen und Abend lesen sollte, zu Beginn zumindest 5 bis 10 Minuten. Das Maß des Gebetes, wie auch viele weitere Fragen des geistlichen Lebens, sollte man mit dem Priester besprechen, sich bei ihm Rat holen.
- Orthodoxes Glaubensbuch: Christus in euch - Hoffnung auf Herrlichkeit, Edition Hagia Sophia
- Das Gesetz Gottes, Edition Hagia Sophia
- Priester Ilja Schugajew: Kindererziehung in der christlich-orthodoxen Familie, Edition Hagia Sophia