Sie betreten eine Kirche. Das ist ein besonderer Ort, eine andere Welt. Eine Welt, die Gott gewidmet ist, der Wahrheit und dem ewigen Leben. Hier kann man das Schiff der Errettung besteigen, hier beginnt der Weg zu Gott. Der Beginn des Weges ist ungewöhnlich, er liegt in unserer Seele, in unserem Gewissen. Doch muss man sich selbst zuerst eingestehen, dass man sich von Gott abgewandt hat und dass man vor Ihm schuldig geworden ist. Wie das Wort Gottes, die Bibel, es bezeugt, trennen uns einige unserer Taten, Worte und Gedanken, die sogenannten Sünden, von Gott. Der Anfang für diese Trennung und Abkehr von Gott wurde durch den Ungehorsam der Ureltern des Menschen gelegt – von Adam und Eva. Durch die von ihnen begangene Sünde wurde die menschliche Natur verändert: sie verlor die Fähigkeit, Gott zu danken, sie wurde entstellt, sie wurde durch die Sünde krank. Diese Krankheit, die sogenannte „Ursünde“ [Erbsünde], wurde von Adam und Eva an alle Menschen vererbt und ist der Grund für die Veranlagung eines jeden Menschen, auch persönlich Sünden zu begehen, die ihn noch weiter von seinem Schöpfer entfernen.
Der Sündenfall hat eine echte und ins Auge fallende Gottesferne zur Folge. Die Sünde richtet die menschliche Persönlichkeit zugrunde, da sie dem moralischen Gesetz widerspricht, das allen Menschen – wie der Apostel Paulus sagt – „in ihren Herzen geschrieben ist“ (Röm 2,15). Und in dem Maße, in dem der Mensch in ein sündhaftes Leben eintaucht, wächst der Grad der Zerstörung seiner Persönlichkeit, so dass er die Macht über sich selbst verliert und zu einem Sklaven seiner Leidenschaften wird, die oft wahnwitzig und manchmal sogar widerlich und boshaft sind.
Johannes Chrysostomos hat nicht übertrieben, als er sagte, dass „jeder Sünder ein Verrückter sei“. Ist denn die Tötung des eigenen Bruders aus Neid nicht tatsächlich eine Wahnsinnstat? Und ist sich ein Unzüchtiger, der das Risiko eingeht, sich mit HIV oder einer anderen gefährlichen tödlichen Krankheit zu infizieren, wirklich klar darüber, was er tut? Und haben ein Vielfraß, ein Alkoholiker oder ein Drogensüchtiger etwa nicht ihren Verstand verloren? Und wie viele zerstörte Schicksale, gescheiterte Ehen und unglückliche Kinder gibt es infolge der Sünde?
Doch jeder von uns weiß über die Folgen der Sünden auch aus seiner eigenen Erfahrung Bescheid. Und je mehr Sünden ein Mensch begeht, desto weniger sensibel wird sein Gewissen und desto leichter fällt es ihm, erneut zu sündigen.
Es ist schrecklich, dass mit dem Tod des Menschen die Macht der Sünde über ihn nicht verschwindet, sondern seine Seele im Jenseits weiter quält. Selbst beim Jüngsten Gericht, das die Geschichte unserer Welt zum Abschluss bringt, lassen die Sünden den Eingang in das künftige Zeitalter nicht zu, denn es heißt: „Und alles Unreine wird nicht in sie hineinkommen, noch derjenige, der Gräuel und Lüge tut …“ (Apokalypse 27,21). Und der Apostel Paulus schreibt: „Oder wisst ihr nicht, dass Ungerechte das Königtum Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden das Königtum Gottes erben“ (1 Kor 6, 9-10). Aber müssen wir dann auf dem Weg der Sünde und des Todes gehen? Wir haben durch die Gnade Gottes eine andere Möglichkeit - die Versöhnung mit dem Schöpfer.
Die Vergebung der Sünden
Man kann seinen geistlichen Zustand nicht verbessern, ohne sich von den Sünden befreit zu haben. Die Sünden sind unsere Schuld vor Gott, und nur Er kann uns von ihnen reinigen, indem er sie uns verzeiht. Der Herr Jesus Christus, als vollkommener Gott und vollkommener Mensch, hat die Macht der Sündenvergebung: „Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben, …“ (Lk 5,24). Diese Vollmacht übertrug Er der Kirche über die Apostel, als Er ihnen nach Seiner Auferstehung erschien ist: „Jesus sprach nun wieder zu ihnen: Friede euch! Wie der Vater Mich gesandt hat, so sende Ich euch. Und als Er dies gesagt hatte, hauchte Er sie und spricht zu ihnen: Empfangt Heiligen Geist. Wenn ihr jemandem die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, wenn ihr sie jemandem behaltet, sind sie ihm behalten“ (Jo 20, 21-23). Heute haben in der Kirche die Bischöfe und Priester als Nachfolger der Apostel die Macht der Sündenvergebung, sie werden für diesen Dienst geweiht. Das passiert durch ein Gebet unter Handauflegung von Bischöfen, die selbst Glieder der über die Jahrhunderte auf den Herrn Jesus und die Apostel zurückführenden ununterbrochenen Kette der Weihen sind. Deshalb beruht die Sündenvergebung nicht auf einer besonderen Heiligkeit oder einem frommen Leben dieses oder jenes Priesters, sondern auf der ihm von Gott verliehenen Macht.
Die Voraussetzung für die Vergebung der Sünden in der Kirche ist die Buße, das Bekennen der begangenen Sünden in der Beichte, vor Gott und der Kirche, in der Praxis also vor dem Priester. Nach dem Absolutionsgebet [dem Gebet zur Vergebung der Sünden] verzeiht Jesus Christus, der in der Beichte unsichtbar und geheimnisvoll zugegen ist, dem Sünder. Die Vergebung erfolgt im Sakrament der Buße, dem Bußsakrament. Der Herr bewirkt durch Seine Gnade die Reinigung der Seele des Beichtenden. Das alles geschieht nicht von selbst, nicht gegen den Willen des Menschen, sondern durch seine Mitwirkung, die sich in dem Vorsatz ausdrückt, in Zukunft keine neuen schweren Sünden mehr zu begehen. Ebenfalls überdenkt er sein ganzes Leben und versucht, es fortan anders zu leben. Das erfordert große Anstrengungen, denn es heißt: „Aber von den Tagen Johannes des Täufers an bis jetzt wird dem Königtum der Himmel Gewalt angetan, und Gewalttätige reißen es an sich“ (Mt 11,12). Doch mit der Hilfe Gottes ist alles möglich.
Befragen Sie Ihr Gewissen!
Sie haben sich entschieden, Ihre Seele durch die Beichte zu reinigen. Sie sind also ein erwachsener Mensch, waren als Kind getauft und haben noch nie gebeichtet. Es scheint einfach zu sein – man muss nur in die Kirche gehen und die Sünden bei der Beichte nennen, in denen uns unser Gewissen anklagt. Doch oft ist unser Gewissen durch unsere Sünden wie gelähmt. Hinter dem Empfinden der eigenen Sündlosigkeit steht häufig ein Gewissen, das sich infolge einer nicht bereuten Todsünde in einen „Schlafzustand“ befindet. Im Gegensatz dazu gab das wache Gewissen heiliger Menschen ihnen die Möglichkeit, die Vielfalt ihrer Versündigungen zu sehen. So heißt es im 1. Brief des hl. Apostels Johannes: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünden haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns“ (1 Jo 1, 8).
Deshalb muss man sich in erster Linie von den Todsünden reinigen.
Todsünden
Diese Bezeichnung hat ihren Ursprung im Alten Testament, wo für diese Sünden die Todesstrafe oder die Verbannung stand. Im Neuen Testament findet man den Begriff „Sünde zum Tode“ (1 Jo 5,16), obwohl für sie nicht mehr eine öffentliche Bestrafung vorgeschrieben wird. Gleichzeitig schwächen die Todsünden den geistlichen Zustand des Menschen, den die Lehrer und Väter der Kirche als „Tod der Seele“ oder als „Gottverlassenheit“ beschreiben.
Todsünden sind vor allem die bewusste Auflehnung gegen Gott, das sich Lossagen von Gott oder dem Glauben, die Abwendung von der Orthodoxie mit Hinwendung zu anderen Religionen sowie bewusst ausgesprochene Schmähungen gegen Gott, die Kirche, die Gottesmutter oder die Heiligen.
Zu den schwersten Todsünden gehört Mord. In unseren Tagen ist das aber keine seltene Sünde wegen der weit verbreiteten Tötung von Kindern im Mutterleib, der Abtreibung. In der Beichte ist unbedingt die Anzahl der Abtreibungen zu nennen. Bei der Sünde der Kindstötung gibt es in der Regel Mitbeteiligte wie Ratgeber oder bei der Tötung Beihilfe Leistende. Das sind oft Verwandte, nahe Freundinnen oder der Vater des Kindes, wenn die Abtreibung mit seinem Einverständnis oder seiner Duldung durchgeführt wurde. Die moralische Haltung des Vaters ist hierbei wichtig, denn nicht selten kann sie alles ändern.
Es gibt auch passive Formen der Tötung, zum Beispiel durch unterlassene Hilfeleistung. Die Tötung eines Menschen kann auch durch ein böses Wort oder durch eine andere, die Seele verletzende Handlung erfolgen. Eine der Tötung nahekommende Sünde ist auch die gewalttätige Handgreiflichkeit, die infolge der ausgeführten Schläge bei dem anderen Menschen zu Wunden und schweren Körperverletzungen führte.
Eine große Gruppe von Todsünden steht in Zusammenhang mit dem sexuellen Bereich des menschlichen Lebens. Gott segnet entweder das Leben in der Ehe, oder die Keuschheit. Der Mensch ist kein Tier. Die intimen Beziehungen zwischen einem Mann und einer Frau finden ihre Erfüllung in der Vereinigung mit einem einzigen Menschen. Es gehört sich, diese Vereinigung mit dem Segen Gottes im Sakrament der Ehe (der Trauung) zu beginnen. Die Trauung ist beim Eintritt in die Ehe für Mitglieder der Kirche verpflichtend; ohne sie sind eheliche Verbindungen zwischen Christen nicht denkbar.
Die Kirche bezeichnet eheliche Untreue, Fremdgehen als Ehebruch. Intime Verhältnisse außerhalb der Ehe bezeichnet sie als Unzucht. Obwohl beides Todsünden sind, ist der Ehebruch die bedeutendere und größere, da dieser zu einem schweren seelischen Trauma bei dem anderen Ehepartner führt und dadurch die Liebe getötet wird, die doch die Grundlage und das Ziel des von Gott gesegneten ehelichen Bundes darstellt.
Da die Familie einen wesentlichen „Baustein“ der Gesellschaft darstellt, legt die Heirat den Eheleuten eine moralische, rechtliche und wirtschaftliche Verantwortung für die Gesellschaft, für einander und für ihre künftigen Kinder auf. In Deutschland ist die kirchliche Heirat vom Staat nicht als offizieller juristischer Akt anerkannt. Eine Ehe jedoch, die im Standesamt geschlossen wurde, ist nur die Übernahme bürgerlicher Verpflichtungen. Sie ist noch nicht von Gott gesegnet, das passiert erst in der Kirche beim Mysterium der Krönung (der kirchlichen Heirat, der Trauung).
Speziell müssen noch sodomitische Sünden erwähnt werden, also die verschiedenen Formen der Homosexualität und sexuelle Perversionen. Das sind schwere, mit seelischen Folgen verbundene Sünden. Diese sind unbedingt in der Beichte zu erwähnen.
Schwere Sünden haben auch jene begangen, die mitbeteiligt waren bei der körperlichen oder moralischen Schändung junger Menschen (Heranwachsender, junger Männer, junger Frauen), die zum Verlust der Ehre und der Unberührtheit dieser Personen führte. Des Weiteren müssen noch genannt werden: die Ausrichtung verschiedener Zusammenkünfte mit unsittlichen Darbietungen und verführerischen Redereien sowie von Trinkgelagen mit Kuppeleien. Dieses alles bedeutet Teilnahme (oder Mitbeteiligung) an der moralischen Tötung des Nächsten.
Todsünden sind auch die Lästerung oder Verfluchung der Eltern wie auch jede gegen sie gerichtete Gewalt.
Schon im Alten Testament zählte die Teilnahme an der schwarzen Magie (Hexerei) zu den Sünden, die zum Tode führen. Dazu gehören: der Umgang mit Wahrsagerinnen, Kartenlegerinnen, Astrologen, Esoterikern; ferner die Teilnahme an spiritistischen Sitzungen, an Ritualen der neueren östlichen Kulte, der Theosophie und Anthroposophie.
Der hl. Dimitrij von Rostow spricht insbesondere von Sünden, „die zum Himmel nach Vergeltung schreien“. Zu ihnen rechnet er neben der Tötung eines Menschen, die Schädigung von Armen und auch Kränkungen von Witwen und Waisen.
Andere Sünden
Alle anderen Sünden, so könnte scheinen, sind nicht genauso gefährlich für das geistliche Leben wie die Todsünden. Doch wenn es viele von ihnen gibt, dann können sie zusammengenommen das Gewissen und die Seele zuschütten. So bringen sie jede Bewegung und alles Leben zum Stillstand.
Sünden lassen sich in drei Gruppen einteilen, wenn man sie den Geboten, die Gott durch Moses (Exodus 20, 2-17) den Menschen gab, gegenüber stellt.
Die Sünden gegen Gott
Gegen das Gebot „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Zeichen machen …“ (Ex 20,4) sündigen wir, wenn wir uns übermäßig einer Sache hingeben, diese zu einer Leidenschaft machen, dabei uns selbst und Gott verlieren. So können Musik, Tanz, Sport, Geld, Arbeit, Speisen, Verlangen nach schöner Kleidung und Möbeln, Sammlungen, Glückspiele, Personen des anderen Geschlechtes und sogar die eigenen Kinder zu Leidenschaften werden.
Der Herr befahl bereits im Alten Testament (Ex 20, 8-10) an sechs Tagen der Woche zu arbeiten und alle seine Angelegenheiten abzuwickeln, aber den siebten Tag und die Tage hoher Feste Gott zu widmen. Deshalb sind Arbeiten oder die Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten am Sonntag (dem Tag, der Gott geweiht ist) und an den Tagen hoher Feste Sünde. Diese Sünde kann entschuldbar sein, wenn die Arbeit oder die Angelegenheiten notgedrungen verrichtet werden und wir uns nicht der Zivilgesetzgebung, dem Arbeitsrecht oder dem Zusammenwirken mit anderen Menschen entziehen können. Doch das wichtigste an diesem Gebot ist nicht die Ruhe, sondern der Besuch der Kirche am Sonntag.
Eine Verletzung des Gebotes „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“ (Ex 20,7) stellt auch die Erwähnung des Namens Gottes oder der Allheiligen Gottesgebärerin in alltäglichen Gesprächen mit inhaltsleeren Formulierungen dar, um ihnen eine besondere Ausdruckskraft zu verleihen („Oh mein Gott!“, „Jesus!“). Unzulässig ist auch der ironische oder scherzhafte Gebrauch von Ausdrücken aus der Heiligen Schrift. Noch schlimmer ist es, den Namen Gottes in Witzen, im Zorn während eines Streites zusammen mit Schimpfwörtern, Beleidigungen oder Flüchen auszusprechen.
Da aus derselben Quelle nicht gleichzeitig Wohlgeruch und Gestank ausströmen können, bedeutet es eine ungeheuerliche Entweihung und manchmal auch Schändung des Gebetes eines Menschen, wenn er auch obszöne Redewendungen, Schimpfworte und Flüche gebraucht. „Kein faules Wort komme aus eurem Munde, sondern nur eins, das gut ist zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade gebe!“ (Epheser 4, 29). Leider enthält in unserer Zeit die Sprache vieler Menschen eine Überfülle an schlechten Wörtern und Ausdrücken. Diese müssen ein für alle Mal von einer Verwendung ausgeschlossen werden und dürfen unter keinen Umständen benutzt werden. Man soll seine Sprache nicht verunstalten und sie durch schimpfliche Redewendungen „anzureichern“ versuchen. Für uns ist es aber ganz wichtig, dass wir uns der Worte unseres Erlösers erinnern: „Ich sage euch aber, dass die Menschen von jedem unnützen Wort, das sie reden werden, Rechenschaft geben müssen am Tag des Gerichts; denn aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.“ (Mt 12, 36-37).
Sünden gegen Gott sind ferner Verzagtheit (Depression), fehlende Hoffnung auf Gottes Hilfe und lästerndes Murren gegen Ihn wegen der Notlagen und Leiden, die uns getroffen haben.
Sünden gegen andere Menschen
Das Gebot „Du sollst Vater und Mutter ehren“ (Ex 20, 12) verpflichtet uns zu respektvollem Verhalten gegenüber unseren Eltern. Alle Streitigkeiten und Zänkereien mit ihnen und die Unterlassung von Hilfeleistungen ihnen gegenüber stellen ernsthafte Vergehen dar.
Jeder Mensch hat die Pflicht für seine Angehörigen Sorge zu tragen, insbesondere für seine Eltern, Kinder und seinen Ehepartner. Leider sind es am häufigsten unsere Familienangehörigen, Verwandten, Freunde und Kollegen, die zur „Zielscheibe“ unserer Schwächen, schlechter Laune, der Wut und des durch die Sünde entstellten Charakters werden. Wir haben gesündigt, wenn wir keine Liebe zu den Nächsten gezeigt, ihnen nicht verziehen, ihnen Übles mit Üblem vergolten haben, wenn wir zornig oder erzürnt waren, widersprochen und gestritten haben, Kränkungen und Beleidigungen ausgesprochen haben, wir uns ihnen gegenüber frech verhalten haben, eifersüchtig waren, ihnen Böses gewünscht haben; die Kinder schlecht erzogen oder sie hart gezüchtigt haben.
Ebenfalls haben wir gesündigt, wenn wir unsere Kinder nicht dem christlichen Glauben entsprechend erzogen oder ihrem geistlichen Leben nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt haben, wodurch wir sie gegenüber den schwersten Versuchungen zu Beginn ihres selbständigen Lebens verwundbar gemacht haben.
Gemäß den Geboten Gottes muss der Mensch stets die Wahrheit sagen, das Eigentum und die Würde anderer respektieren, er darf auf andere nicht neidisch sein, muss Mitgefühl zu ihnen zeigen und ihnen helfen. Somit haben wir gesündigt, wenn wir: betrogen haben, Heuchlerisch waren, unsere Versprechen nicht eingehalten, Schulden nicht beglichen, uns offen oder heimlich fremdes (auch öffentliches) Gut angeeignet, uns an Erpressungen und Handgreiflichkeiten beteiligt, gestritten, andere angefeindet, anderen geschadet haben, faul bei der Arbeit waren, fremde Tätigkeit nicht geachtet und eigennützige Freundschaften geschlossen haben.
Der Ursprung allen Übels in uns ist die Leidenschaft des Stolzes mit seinen Folgen: Neid, Zorn, Rachsucht, Liebe zu Geld und Besitz, Geiz, Verachtung der Armen, Prahlerei, abfällige Beurteilung der Menschen, Weiterverbreitung von Gerüchten, leeres Geschwätz, Aufschneiderei, Unbarmherzigkeit (oder Härte) den Menschen gegenüber (besonders den Kranken oder unserer Hilfe Bedürfenden) und gegenüber Tieren.
Die Sünden gegen sich selbst
Die Sünden gegen sich selbst betreffen alle Handlungen, welche die seelische oder körperliche Gesundheit des Menschen gefährden: nutzlose Zeitvergeudung und Faulheit (über vieles Essen und Trinken vergisst der Mensch seine Seele), Schädigung seiner Gesundheit (zum Beispiel durch Trunksucht, Rauchen, Drogenmissbrauch); die eigene Demoralisierung durch Selbstbefriedigung, das Anschauen von Filmen und Zeitschriften mit der Darstellung grausamer, gewalttätiger oder pornographischer Szenen, das Singen obszöner Lieder, das Weitererzählen von unanständigen Geschichten und Witzen.
Die Vorbereitung auf die Beichte
Die Vorbereitung der Beichte im eigentlichen Sinne bedeutet das Eintauchen in das Bußsakrament. Für die erste Beichte ist es sehr förderlich, wenn Sie sich, nachdem Sie die vorhergehenden Seiten nochmals gelesen haben, Ihre Sünden aufschreiben. Vieles fällt einem im Nachhinein noch ein, wenn die Todsünden bereits in der Beichte bekannt worden sind. Was ins Gedächtnis zurückkehrt, sollte man auch aufschreiben, um sich daran bei den nächsten Beichten zu erinnern. Achten Sie auch darauf, was andere Leute, besonders diejenigen, die mit uns zusammenleben und unsere Verwandten gewöhnlich gegen uns vorbringen. Sehr oft sind deren Anschuldigungen und Vorwürfe begründet. Aber auch wenn sie nicht begründet zu sein scheinen, muss man sie doch mit Milde, ohne Grimm annehmen und zu verstehen versuchen. Denn könnte in diesen vielleicht nicht doch ein Körnchen Wahrheit stecken?
Beachten Sie! Vergeben werden nur die genannten Sünden.
Aber einzig ein Bedauern über die begangenen Sünden reicht nicht aus. Die Frucht der echten Buße – das Bedauern über die gemachten schlechten Taten – besteht in der Besserung seines gesamten Lebens, soweit es nur möglich ist. Man muss aufhören, neue schwere Sünden zu begehen und man sollte die Folgen der bereits begangenen „zu glätten“ versuchen. Erforderlich ist es, alle diejenigen um Verzeihung zu bitten, bei denen man sich schuldig gemacht hat. Für den Fall allerdings, dass das eigene Verhalten zu einem materiellen oder moralischen Schaden geführt hat, muss man sich bemühen, ihn wiedergutzumachen. Das ist eine bedeutsame Seite unserer Buße, die Johannes der Täufer „das Erbringen würdiger Früchte der Buße“ nannte (Lk 3,8). Nur indem wir damit beginnen, „Früchte zu tragen“, sehen wir in vollem Maße die Schwere unserer Sünden und die Tiefe unseres Falls ein und festigen unsere Entschlossenheit, ein neues Leben zu beginnen. Wenden Sie sich im Gebet an den Allgütigen, damit Er uns verzeihe, uns die Möglichkeit schenke, uns unsere Sünden in unser Gedächtnis zurückzurufen, um sie zu bereuen, damit Er uns die Entschlossenheit schenke, in Zukunft den früher begangenen Sünden zu entsagen und uns auf dem Weg zu einem neuen Leben zu stärken. Lesen Sie das Evangelium, das Wort Gottes, das an jeden von uns gerichtet ist. Einigen scheint es unmöglich zu sein, nach den Geboten des Evangeliums zu leben. Aber beginnen Sie nur damit! Ihre aufrichtigen Versuche werden von Gott bemerkt und die Hilfe des Allerhöchsten wird nicht ausbleiben.
Denken Sie daran! Der Herr ist nicht nur ein gerechter Richter, sondern auch ein gnädiger Vater, der die Rettung aller wünscht.
Viele der in ihrer Kindheit Getauften, die jedoch faktisch außerhalb des christlichen Glaubens und der Kirche gelebt haben, kommen als nach dem Zivilrecht Verheirate zur ersten Beichte. Ihre Ehe wurde vom Standesamt geschlossen. Wenn der Ehepartner ebenfalls Christ ist und von seiner Seite keine Hindernisse vorliegen, stellt – unabhängig vom Alter der Eheleute - die Segnung ihrer Ehe im Ehesakrament ihre volle Gültigkeit her.
Andere Situationen sind hier dann denkbar, wenn der Ehepartner eine kirchliche Ehe nicht einzugehen wünscht. Verzweifeln Sie dann nicht, beten Sie und suchen Sie Rat beim Priester. In der Regel gelingt es mit der Zeit, alle Schwierigkeiten auszuräumen. Deshalb muss man sogar eine Zivilehe mit einem ungetauften Ehepartner anerkennen. Denn auch in ihr existieren die eheliche Liebe und Kinder. Ausführlicheres hierzu findet man im 1. Korintherbrief des hl. Apostel Paulus (1 Kor 7, 12-18). Besonders wichtig ist das Gebet der Kirche. Nützlich ist auch das Gespräch des Priesters mit beiden Eheleuten.
Es gibt eine besonders wichtige Bedingung für die Vergebung unserer Sünden durch Gott: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben“ (Mt 6,14). Denen zu vergeben, die uns beleidigt haben, ist manchmal nicht einfach. Es wird gesagt: „Dem Herzen kannst du nicht befehlen“. Aber der Herr, in Seiner Kraft, kann unser Herz bessern. Deshalb muss man für die uns Beleidigenden beten, damit der Herr alle zur Vernunft bringt, uns Buße, Friede, Stille und Liebe schenkt.
Denken Sie daran. Sie werden vor dem allwissenden Gott die Beichte ablegen, der alle Ihre Lebensumstände kennt, alles, was Ihre Schuld mildert und vergrößert. Der Priester ist bei der Beichte nicht Richter, sondern lediglich Zeuge.
In der Beichte soll man alle seine Sünden kurz aufzählen. Wobei man keine Entschuldigungen vorbringen soll (zum Beispiel sich nicht auf dritte Personen oder Umstände beziehen, die zu dem eigenen Sündenfall beigetragen haben). Wählen Sie auch keine Formulierungen, welche die eigene Schuld mildern.
Es ist verständlich, dass einem wieder viel Schweres einfällt und man sich schämt, darüber in der Gegenwart des Priesters zu sprechen. Die Beichte ist aber letztendlich ein Gericht, das wir über uns selbst halten, ein Gericht vor Gott und den Menschen, ein Gericht, das seinem Wesen nach unabwendbar ist, über das es in der Schrift heißt: „Denn es ist nichts Verborgenes, das nicht offenbar gemacht werden soll, auch nichts Geheimes, das nicht ans Licht kommen soll“ (Mk 4,22).
Denken Sie daran! Das wichtigste bei der Beichte ist, die eigenen Sünden aufrichtig und gewissenhaft zu bereuen, zu bedauern, sie begangen zu haben und sich zu entscheiden, sie mit der Hilfe Gottes nicht zu wiederholen.
Der Herr nimmt Ihre Buße an, selbst wenn sie nicht mit einem starken Gefühl der Reue verbunden ist, die nur schwer in „einem von der Glut der Sünde ersticktem“ Herzen entstehen kann. Die Reue jedoch ist bereits ein sich Losreißen von der Sünde, das als Resultat aus der Arbeit des Gewissens hervorgeht und nicht ohne die segenspendende Hilfe Gottes möglich ist. Deshalb, wenn die Beichte reinen Herzens geschieht und mit dem Wunsch verbunden ist, sein Leben durch entsprechende Handlungsweisen zu verbessern, sich mit allen zu versöhnen und man die göttliche Hilfe flehentlich hierzu erbittet, dann stellt sich unbedingt das Gefühl der Reue ein – entweder während der Beichte oder später.
Erzpriester Leonid Tsypin. Text in Bearbeitung.
ÜBER DIE HEILIGE KOMMUNION
Wie wir gehört haben, empfängt man in der Kirche die Kommunion. Bei einem Gottesdienst, der „Liturgie“ genannt wird, kommunizieren die Gläubigen, die in der Orthodoxen Kirche getauft wurden und sich auf die Kommunion vorbereitet haben. Unter Liturgie wurde in der Antike eine öffentliche Dienstleistung verstanden. Die Liturgie wird in orthodoxen Kirchen am Morgen der Sonntage und der hohen kirchlichen Feiertage gefeiert. Kinder bis zum siebten Lebensjahr gehen ohne vorhergehende Beichte zur Kommunion, Erwachsene müssen vor der Teilnahme an der Eucharistie entweder am Abend vor oder am Morgen der Liturgie zur Beichte gehen. Die genauen Zeiten für die Beichte und Liturgie kann man aus dem Gottesdienstplan der Gemeinde erfahren.
Die Eucharistie (Kommunion) ist eines der sieben Sakramente der Kirche. Sie ist äußerst bedeutungsvoll. Zur Teilnahme an der Eucharistie ist eine Vorbereitung notwendig. Als erstes muss man sich mit allen versöhnen und alle – jeder weiß selbst bei wem - um Verzeihung bitten. Man muss beten und fasten sowie zuvor im Gebetbuch „Die Ordnung für die heilige Eucharistie“ durchlesen. Man kann im Evangelium zum Beispiel die Bergpredigt in den Kapiteln 5 bis 7 bei Matthäus lesen, sich die Gebote Gottes ins Gedächtnis rufen, in ihrem Licht das eigene Leben betrachten und sich in der Kirche auf das Sakrament der Beichte vorbereiten und beichten. Man stellt sich geistlich, betend, innerlich auf die Kommunion ein, erwartet im Inneren die Freude der Begegnung und Vereinigung mit Christus.
In einem besonders feierlichen Augenblick der Liturgie, kurz vor ihrem Ende, erreicht sie ihren bedeutendsten Teil. Die Heiligen Türen der Ikonostase werden geöffnet und zu den Worten: „Mit Gottesfurcht und Glauben tretet herzu!“ wird der Kelch mit den Heiligen Gaben hinausgetragen. Der Priester spricht das Gebet: „Ich glaube, Herr, und ich bekenne, dass Du in Wahrheit der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes, …“ Dieses Gebet sollte jeder mit Aufmerksamkeit verfolgen und für sich nachsprechen.
Die Gläubigen treten nun an den Kelch heran und nennen ihren Taufnamen. Der Priester reicht ihnen mit einem speziellen Löffel die Kommunion, die empfangen und heruntergeschluckt wird. Aber was ist die Kommunion? Die Erwachsenen müssen sich darüber beizeiten informieren, darüber lesen. Auch Kindern sollten Sie schon Zuhause das Sakrament erklären. Ihnen darf niemals gesagt werden: „Der Priester gibt dir Honig“ oder „eine Süßigkeit“. Den Kindern muss man von frühester Jugend an die Wahrheit sagen, dass nämlich bei der Kommunion der Mensch mit Gott selbst vereinigt wird. Aber was wird den Gläubigen gereicht, was befindet sich im Kelch? Äußerlich sieht man Brot und Wein. Aber tatsächlich sind es der Leib und das Blut unseres Herrn und Gottes und Erretters, des Sohnes Gottes, Jesus Christus. Das ist unser orthodoxes Verständnis, so glauben wir.
Wie geschieht dieses Wunder? Das Brot, die sogenannte Prosphore, wird mit dem Wein von dem vorbereitet. Es werden Gebete gesprochen und die heiligenden Handlungen vollzogen. Auf die Gebete des Priesters und der Gläubigen hin geschieht im Verlaufe des Gottesdienstes das Wunder: Der göttliche Segen heiligt Brot und Wein in der Weise, dass sie dem äußeren Erscheinungsbild nach zwar Brot und Wein bleiben, aber ihrem Wesen nach der Leib und das Blut des Herrn Jesus Christus werden. An ihnen vollzieht sich eine Umgestaltung, Verehrung und Wesensverwandlung. So stellt Gott eine Ihm genehme Verbindung her, über die Er dem Menschen die Möglichkeit eröffnet, Ihm ganz nahe zu kommen. Und wie ist das möglich? Natürlich nur auf einer für uns unbegreiflichen, übernatürlichen Weise. Geraten sie nicht in Furcht vor diesem Wort. Wenn wir Gott in gläubiger Gesinnung suchen, dann werden wir uns in Zukunft mit dem Übernatürlichen angemessen befassen. Wenn wir Ihn von vornherein ablehnen, dann werden wir dazu verurteilt sein, unser ganzes Leben als Ungläubige und Religionslose zu verbringen.
Im Wunder der Eucharistie belegt Jesus Christus den ersten Platz. Er ist der Begründer und das Zentrum des christlichen Glaubens. Die Gläubigen streben danach, Ihm so nahe wie möglich zu sein. Wir empfangen Seinen Leib und Sein Blut wie Er es Selbst uns geboten hat.
Warum ist das notwendig? Für unsere Erlösung. Für unser Glück. Zum höchsten Glück, zur Erfüllung Seiner Versprechen. Wozu ist der Mensch geschaffen? Wozu gibt es ihn? Nicht nur „einfach so“, nicht um nur einfach so für sich hin zu vegetieren. Für etwas ganz anderes. Für etwas Höheres. Dafür, dass er sich auf Gott ausrichtet und Ihm dient. Dafür, dass er Ihm möglichst nahekommt und mit Ihm so innig wie möglich eins wird. Natürlich nur in dem Maße, in dem das für den Menschen erreichbar ist. Und gerade für eine solche Vereinigung mit Gott dient das Sakrament der Eucharistie, das Kosten des Leibes und des Blutes des Herrn. So werden wir verständiger und empfänglicher für den Herrn Jesus Christus, Der bei uns Wohnung nimmt, Den wir aufnehmen und mit Dem wir eins werden. Er selbst schuf am Tage vor Seinem Leiden und Seinem Tode eine solche Möglichkeit zu unserer Errettung von der Sünde, von dem Satan und dem Hades.
Woher wissen wir das? Aus dem Evangelium, dem wichtigsten Buch der Bibel, das uns über das Leben und die Lehre des Herrn Jesus Christus berichtet. Mehr als drei Jahre predigte und heilte Jesus Christus, Er wirkte Wunder, veränderte durch Sein Wort die Herzen und Seelen der Menschen. Es nahte nun das Fest des alttestamentlichen Paschas, das Christus und Seine Jünger jährlich gemeinsam begingen. Dieses Mal versammelte Er zum festlichen Paschamahl (abends) nur die zwölf Apostel um Sich. Er wusste, dass Er das letzte Mal mit ihnen zu diesem Fest mit ihnen zusammen sein würde. Christus wusste im Voraus, was Ihn erwartete: der Verrat des Jüngers, die Verleumdung vor dem gesetzlosen Gericht, das Bespucken, die Schläge, die Geißelung, die Qualen, der Tod am Kreuze. Er wusste es und als wahrer Mensch nahm Er die Marterungen für einen jeden von uns und die Erlösung der gesamten Menschheit an.
Pilgern nach Jerusalem zeigt man noch heute den Raum, in dem sich der Herr mit Seinen Apostel-Jüngern an jenem Abend versammelt hatte. Er heißt „Abendmahlsaal“ und befindet sich auf dem Sion-Berg. Das Paschamahl (das letzte Abendmahl) verlief nach der üblichen Ordnung. Plötzlich jedoch, zu seinem Ende hin, geschah Folgendes: „Während sie aber aßen, nahm Jesus Brot und segnete, brach und gab es den Jüngern und sprach: Nehmt, esst, dies ist Mein Leib! Und Er nahm einen Kelch und dankte und gab ihn ihnen und sprach: Trinket alle daraus! Denn dies ist Mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26, 26-28). Ähnliches lesen wir im Evangelium nach Markus (Mk 14, 22-24), nach Lukas (Lk 22, 17-20) und im 1. Korintherbrief des hl. Apostels Paulus (1 Kor 11, 23-25). Was ersehen wir aus diesen heiligen Texten? Jesus Christus nahm demnach übliches Brot und üblichen Wein, die nach Seinen Segnungsworten zu Seinem Leib und Seinem Blut geworden waren. Die orthodoxe Kirche versteht diese geheiligten Worte so wie sie geschrieben sind, also wortwörtlich. Und dieses Wunder der Verwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi geschieht bereits seit 2000 Jahren bei jeder Liturgie in jeder orthodoxen Kirche. Und sie werden bis zur Zweiten Wiederkunft Christi geschehen, gemäß Seines Gebotes: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis“ (Lk 22, 19).
Die Kirche in dieser Welt wurde gegründet zum Zeitpunkt der Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel am fünfzigsten Tag nach der Auferstehung Christi. An diesem Tag begannen die Apostel mit der Verkündigung des christlichen Glaubens, nahmen den Leuten das Bekenntnis ihrer Sünden ab, tauften, vollzogen die anderen Sakramente, darunter vor allen Dingen das Sakrament der Eucharistie, das vom Herrn eingesetzt worden war. In der Apostelgeschichte lesen wir über die ersten Christen: „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ (Apg 2, 42). Das Brechen des Brotes hatte in jener Zeit die Bedeutung von Kommunion. Die andere Bedeutung des Sakramentes ist Eucharistie. Dieses aus dem Griechischen stammende Wort bedeutet übersetzt Danksagung, da sich der Herr selbst, wie wir im Evangelium gesehen haben, bei der Einsetzung des Sakramentes mit einem Dankgebet an Gott, den Vater, wandte. Genau so handeln auch wir während der Liturgie.
Um das Sakrament der Eucharistie bildeten sich allmählich über einen mehrere Jahrhunderte dauernden, durch die Gebete und Arbeiten vieler heiliger Väter unterstützten Prozess die ganze Struktur des orthodoxen Gottesdienstes und die Ordnung der Liturgie selbst heraus. Sie wurde so angelegt, um die betenden Gläubigen schrittweise auf die Vereinigung mit Christus im Sakrament vorzubereiten. Wenn man in die Kirche zur Liturgie geht, dann ist alles interessant und erfreulich: die Lesung, der Gesang, die Predigt, die Kerzen und betende Brüder und Schwestern ringsumher. Aber der Hauptgedanke für die Teilnahme der Gläubigen an der Liturgie ist der Empfang der Heiligen Gaben. In den ersten Jahrhunderten der Kirche gingen alle bei jeder Liturgie zur Kommunion. Durch den einen Kelch werden die Menschen mit Christus und untereinander vereinigt.
Wie ist der Vollzug der Liturgie
Zu Beginn bereitet der Priester im Altarraum die eucharistischen Gaben vor. Das Brot wird in kleinen Stücken in einer streng festgelegten Ordnung auf den Diskos (einem runden, kleinen flachen Metallteller, der auf einem Fuß befestigt ist) gelegt. Der mit Wasser vermischte Wein wir in einen Kelch gegossen. Alles wird mit besonderen Decken bedeckt, den Velen. Die Handlung wird mit Würde, andachtsvoll und mit Gebeten vollzogen. Dieser Teil der Liturgie wird Proskomidie genannt, denn in ihr werden die Gebete für die Gesundheit und Seelenruhe jener Menschen gesprochen, deren Name auf einem Gedenkzettel in den Altarraum gebracht wurde. In der Kirche können zu dieser Zeit die der Liturgie vorhergehenden Dienste (Stunden oder Horen) gelesen werden. Es handelt sich um die 3. Stunde und die 6. Stunde.
Auf die Lesung der Stunden folgt der erste Teil der Liturgie, die Liturgie der Katechumenen, also jener, die sich mit den Grundlagen des orthodoxen Glaubens befassen und auf die Taufe vorbereiten. Es werden laut verschiedene Bittgebete in den Ektenien (einer Folge von Bitten) gesprochen. Auf eine jede Bitte antwortet der Chor mit „Herr, erbarme Dich“ oder „Gewähre, o Herr“. Es ist wichtig, dass jeder für sich diese Worte wiederholt, um in dieser Weise aktiv am Gottesdienst Teil zu haben. Es werden Psalmen und eine Reihe von Gebeten gesungen, danach folgen Lesungen aus der Heiligen Schrift (Auszüge aus den Apostelbriefen und dem Evangelium) sowie die Predigt des Priesters. Es ist wichtig, alles aufmerksam zu verfolgen und jedes Wort in sich aufzunehmen. Es folgen wieder Ektenien mit verschiedenen Bitten. Anschließend beginnt der zweite Teil der Liturgie, die Liturgie der Gläubigen. In der frühen Zeit der Kirche durften daran nur Getaufte (die Mitglieder der Kirche) teilnehmen.
Nach dem „Cherubim-Hymnus“ singen alle Gläubigen das Glaubensbekenntnis, die Kurzfassung des orthodoxen Glaubens. Es schließt sich als Hauptteil des Gottesdienstes der eucharistische Kanon an, in dessen Verlauf das Wunder der Verwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut des Erlösers geschieht.
Der Priester spricht laut im Namen Christi die uns aus dem Evangelium bekannten Worte: „Nehmet, esset, dies ist mein Leib, der für euch gebrochen wird zur Vergebung der Sünden“. Das bedeutet: Nehmt und esset, das ist Mein Leib, der Folter und Tod erleidet, um euch von der Sünde zu erlösen. Es folgt der Ausruf: „Trinket alle daraus: dies ist Mein Blut des neuen Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“. Das heißt: Trinket alle aus diesem Kelch. Das ist Mein Blut, das vergossen wird für viele Menschen zu ihrer Erlösung von den Sünden. Nunmehr wendet sich der Priester in einem Gebet an Gott, den Vater, und spricht im Namen der ganzen Gemeinde: „So bringen wir Dir diesen geistigen und unblutigen Dienst der Anbetung dar und rufen und beten und flehen zu Dir: Sende herab Deinen Heiligen Geist auf uns und diese vorliegenden Gaben“. Mit Gaben gemeint sind das Brot und der Wein. Weitere Gebete und Bitten werden gesprochen unter der heiligenden Einwirkung des Segens des Heiligen Geistes, durch die das Brot und der Wein wahrhaftig zum Leib und Blut Christi werden ohne ihre äußere Gestalt zu verändern.
Wir beten weiter, antworten auf die vorgetragenen Bitten mit „Gewähre, o Herr“, beten für die Lebenden und Verstorbenen, singen gemeinsam das „Vater unser“. Der Vorhang und die Heiligen Türen werden geöffnet und mit dem Ausruf: „Mit Gottesfurcht und Glauben tretet herzu!“ wird der Kelch hinausgetragen, damit die Gläubigen die Kommunion empfangen können. Die in der Kirche Anwesenden müssen sich bekreuzigen und sich vor dem Herrn verbeugen. Der Priester spricht das folgende Gebet, das die Gläubigen, jeder für sich, wiederholen:
Ich glaube, Herr, und ich bekenne, dass Du in Wahrheit der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes, der in die Welt gekommen ist, Sünder zu erretten, deren erster ich bin. Ich glaube auch, dass diese wirklich Dein allreiner Leib und dieses wirklich Dein kostbares Blut ist. Daher bitte ich Dich: Erbarme Dich meiner und verzeihe mir meine Übertretungen, die ich absichtlich oder unabsichtlich, in Wort und Werk, bewusst oder unbewusst begangen habe; und würdige mich, unverurteilt teilzuhaben an Deinen allreinen Mysterien zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben. Amen.
Als Teilnehmer an Deinem mystischen Abendmahl, Sohn Gottes, nimm mich heute auf; denn nicht will ich Deinen Feinden das Mysterium verraten, noch Dir einen Kuss geben wie Judas, sondern wie der Räuber bekenne ich Dir: Gedenke meiner, Herr, in Deinem Königtum.
Nicht zum Gericht und zur Verdammnis möge mir die Teilnahme an Deinen Heiligen Mysterien gereichen, sondern zur Heilung von Seele und Leib. Amen.
Die Gläubigen kreuzen die Arme über der Brust und kommen zum Kelch: andachtsvoll, der Reihe nach, ohne zu drängeln, die Kinder zuerst. Vor dem Kelch soll man sich nicht bekreuzigen, um nicht an ihn oder an die Hand des Priesters anzustoßen. Voller Ehrfurcht empfängt man die Heiligen Gaben mit dem Löffel bei weit geöffnetem Mund. Was für eine Freude. Danach wischt der Diakon oder der Altardiener mit einem besonderen Tuch die Lippen der kommunizierenden Person ab, damit nicht an ihnen ein Tropfen des Blutes des Herrn haften bleibt. Man muss die empfangenen eucharistischen Gaben herunterschlucken, den Kelch küssen (aber nicht die Hand des Priesters) und geht, ohne sich zu bekreuzigen, zu einem Tisch, wo mit heißem Wasser vermischter Wein nachgetrunken und ein Teil einer Prosphore gegessen wird. Dies geschieht deshalb, damit im Mund auch nicht der kleinste Rest der Heiligen Gaben verbleibt.
Kann ein orthodoxer Christ in einer katholischen oder protestantischen Kirche kommunizieren? Natürlich nicht. Denn Gott schuf zur Errettung der Menschen auf der Erde nur eine Kirche. „… werde ich meine Kirche bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.“ (Mt 16, 18). Diese eine Kirche ist die Christliche Kirche, welche zum Schutz der Menschen vor Irrlehren die Orthodoxe genannt wurde. Über sie lesen wir im Neuen Testament, zu ihr gehören auch heute alle orthodoxen Kirchen in der Welt.
Zum Empfang der Kommunion muss man sich vorbereiten. Man muss sich mit allen versöhnen, um Verzeihung bitten, zur Beichte gehen und schlechte Gedanken vermeiden. Aus Ehrfurcht vor den Heiligen Gaben fasten man vor dem Empfang der Kommunion. Am Tag der Kommunion selbst darf man nach Mitternacht weder essen noch trinken, man darf also kein Frühstück zu sich nehmen. Ausgenommen sind kranke Menschen, die Arzneimittel einnehmen müssen. Ihnen ist es erlaubt, Wasser zu trinken. Kindern darf man morgens ein wenig zu essen geben, keinesfalls aber noch in der Kirche. Nach der Kommunion sollte man Gott für diese große Freude danken. Dazu gehören die Dankgebete, welche man noch in der Kirche unmittelbar nach der Beendigung der Liturgie liest. Kann man sie nicht mehr in der Kirche mitbeten, dann muss man zuhause die Gebete aus dem Gebetbuch nachlesen. Danach sollte man Sünden vermeiden und Christus möglichst lange in sich zu bewahren suchen. Nach dem Ende des Gottesdienstes geht man aus der Kirche und trägt das Licht Christi zu seinen Angehörigen und zu allen Menschen insgesamt: durch Worte und Werke Gutes tun, Werke der Barmherzigkeit üben und den Frieden in die Welt tragen.
Im vorrevolutionären Russland war es seit dem 18. Jahrhundert weit verbreitete Sitte, nur einmal im Jahr zur Kommunion zu gehen. Diese Praxis entspricht jedoch nicht der Lehre der Kirche. Der Gedanke des christlichen Lebens ist die Vereinigung mit Christus; eine Abwendung hingegen von Christus, der Quelle des Lebens, ist für einen Christen unnatürlich. Im Evangelium nach Johannes lesen wir: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen esst und Sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch selbst. Wer Mein Fleischt isst und Mein Blut trinkt, hat ewiges Leben, und Ich werde ihn auferwecken am letzten Tag; denn Mein Fleisch ist wahre Speise, und Mein Blut ist wahrer Trank. Wer Mein Fleisch ist und Mein Blut trinkt, bleibt in Mir und Ich in ihm.“ (Joh 6, 53-56). Der Empfang der Kommunion bildet den Mittelpunkt des christlichen Lebens, zu ihm führt es uns, aus ihm schöpfen wir seelische Kräfte und Freude. Im Kelch liegt die Errettung. Er vereint uns geheimnisvoll mit Gott bereits auf der Erde, er führt uns in das Königtum Gottes. Nicht ohne Grund haben die Kirchenväter die Eucharistie als „Arzneimittel der Unsterblichkeit“ genannt, wobei sie das zukünftige ewige Leben im Auge hatten, ein Leben mit Gott in dem Himmlischen Königtum.
Wie häufig soll man zur Kommunion gehen? Der hl. Theophan der Klausner sagt hierzu: „Ein- oder zweimal im Monat ist das Angemessenste, obgleich nichts gegen einen häufigeren Empfang einzuwenden ist“. Jeder Gläubige kann sich nach diesen Worten des Heiligen richten: „Man kann die Heiligen Gaben häufiger empfangen, wenn der geistliche Vater dem zustimmt; nur muss man sich stets bemühen, rechtzeitig und insbesondere mit Ehrfurcht und Zittern mit der erforderlichen Vorbereitung zu beginnen, um einer Haltung der Gleichgültigkeit vorzubeugen“.
Zwei Begriffe wollen wir noch erklären: Antidoron und Prosphore. Das Wort Prosphore stammt aus dem Griechischen, wo es die Bedeutung von Gabe, Darbringung und Geschenk hatte. Das weist auf die alte christliche Tradition hin, als Gläubigen alles für den Gottesdienst Notwendige selbst in die Kirche mitbrachten, auch Brot und Wein. Heute bringen die Gläubigen ihre Opferspenden in die Kirche mit, die Prosphoren werden von der Gemeinde gebacken, wo man sie dann erwerben kann. Es gibt große Prosphoren für die gottesdienstlichen Zwecke und kleinere, die man zusammen mit einem Zettel in den Altarraum bringen lässt, auf dem die Namen der Personen verzeichnet sind, für die zu beten der Priester gebeten wird. Jedes der aus der Hauptprosphore herausgetrennten Teile nennt man Antidoron, das im Griechischen „an Stelle einer Gabe“ bedeutet. Nach der Tradition werden diese denjenigen Gläubigen gereicht, die aus welchem Grund auch immer, nicht kommuniziert haben. Die Antidoronteile, wie auch die Prosphore, nimmt man nüchtern zu sich und behandelt sie wie die geheiligten Gaben ehrfürchtig und achtsam, ohne sie zu zerbröseln, gläubig und betend.
Im Sakrament der Eucharistie werden wir vereinigt mit dem Gottmenschen Christus und miteinander. Der tiefere Sinn einer solchen Einheit liegt darin, dass wir alle Kinder des einen Himmlischen Vaters, Brüder und Schwestern sind und folglich einander lieben und auch anderen Menschen Liebe entgegenbringen sollen, selbst wenn sie einstweilen außerhalb der Kirche leben. Denn unser Lehrer Christus gebietet: „Daran werden alle erkennen, dass ihr Meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Jo 13, 35). „So soll euer Licht leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in den Himmel ist, verherrlichen“ (Mt 5, 16). Wir sind dazu aufgerufen, allen Menschen ohne Ausnahme Güte und Liebe entgegenzubringen.
Stellen wir uns einen Kreis vor. In seinem Mittelpunkt steht Christus. Wir alle stehen auf dem Rand, der Kreislinie. Wenn wir uns nun alle auf einer Radiuslinie auf den Mittelpunkt, also auf Christus zu, hinbewegen, dann kommen wir uns gleichzeitig selbst immer näher. Einen solchen Weg beschreiten wir, eine solche Annäherung erreichen wir in der Kirche Christi durch den Glauben, das Gebet, durch ein Leben entsprechend den Geboten, durch die Beichte und durch die Kommunion.
Es ist ein gefährlicher Irrtum zu glauben, dass man mit der Beichte und der Kommunion angeblich bis zu Todesstunde warten müsste. Denn erstens kann einen der Tod plötzlich und unerwartet ereilen und zweitens ist es nicht gewiss, dass dann auch ein Priester in der Nähe ist. Und drittens, warum sollte man das über eine so lange Zeitspanne hinausschieben? Warum sollte man sich der mit einer regelmäßigen Kommunion verbundenen großen Freude ein ganzes Leben lang selbst berauben, immer ohne Gott sein? Natürlich sollte man jene großen Gaben, welche die Kirche für uns bereithält, annehmen. Die Eucharistie ist nicht das Zeichen des Todes, sondern des Lebens. Es ist das Leben mit Gott. Der ständige Aufenthalt bei Christus ist bereits hier Realität, in diesem Leben, bereits jetzt.
Wenn für einen getauften Menschen die Stunde des Todes gekommen ist, dann müssen seine Familienangehörigen und nahe Verwandte umgehend einen Priester bitten, zur Abnahme der Beichte und, wenn möglich, zur Spendung der Kommunion zu kommen. In gleicher Weise muss verfahren werden, wenn der orthodoxe Gläubige wegen einer Krankheit nicht in der Lage ist, zur Kirche zu gehen und an der Liturgie teilzunehmen. Für solche Ausnahmefälle befindet sich im Altarraum ein Sakramentshäuschen (Tabernakel), in dem immer Heilige Gaben aufbewahrt werden, die wirkliche Heilige Kommunion. Der Priester kann sie dort entnehmen und sich damit zu dem Erkrankten oder Sterbenden begeben.
Zum Abschluss zitieren wir hier zwei Dankgebete, die nach dem Empfang der Heiligen Gaben gelesen werden. Denn es ist ganz natürlich, Gott für eine so große Gabe, für eine so große Gnade zu danken.
Gebieter Christus, Gott, König der Äonen und Bildner des Alls, ich danke Dir für alles Gute, das Du mir gewährt hast, und auch für die Teilnahme an Deinen allreinen und lebenspendenden Mysterien. Ich bitte Dich nun, Guter uns Menschenliebender: behüte mich unter Deinem Schutz und im Schatten deiner Flügel, und verleihe mir, mit reinem Gewissen bis zu meinem letzten Atemzug würdig teilzuhaben an Deinen Heiligungen zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben. Denn Du bist das Brot des Lebens, die Quelle der Heiligung, der Geber des Guten, und Dir senden wir die Verherrlichung empor, samt dem Vater und dem Heiligen Geist, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit.
Dein heiliger Leib, Herr Jesus Christus, unser Gott, gereiche mir zum ewigen Leben und Dein kostbares Blut zur Vergebung der Sünden. Diese Eucharistie gereiche mir zur Freude, zur Gesundheit und zum Frohmut; und bei Deinem furchterregenden und zweiten Kommen würdige mich Sünder, zur Rechten Deiner Herrlichkeit zu stehen, auf die Fürbitten Deiner allreinen Mutter und aller Deiner Heiligen. Amen.
Wenden wir uns mit Glaube und Liebe den Heiligen Sakramenten zu! Lasst uns mit ganzer Seele und mit ganzem Herzen Gott zuwenden, indem wir ein Leben nach Seinen Geboten ausrichten und so mit Liebe und völliger Hingabe auf Seine Liebe und Gnade zu uns antworten.
Nach Materialien des Erzpriesters Georgij Sidorenko.
Praktische Hinweise zur Vorbereitung auf den Empfang der Kommunion
Die Eucharistie ist eine der sieben Sakramente. Die Sakramente (Beichte, Eucharistie und die anderen) können nur Personen empfangen, die in der Orthodoxen Kirche getauft worden sind. Vertreter der Katholischen Kirche, der protestantischen Konfessionen, anderer Religionen und Ungetaufte können zwar eine orthodoxe Kirche besuchen, sie können hier aber nicht beichten und kommunizieren. Jeder Mensch kann sich auf eigenen Wunsch über die Orthodoxie informieren und sich taufen lassen. Katholiken und in der Regel Protestanten können nach einer besonderen Ordnung in die Orthodoxie aufgenommen werden, durch die Myronsalbung oder die Beichte.
Zum Kommunionempfang muss man sich vorher unbedingt vorbereiten.
- Versöhnen. Vor allem die Versöhnung mit allen ist unumgänglich. Man muss um Verzeihung bitten, wenn man jemanden beleidigt hat, man muss sich um Aussöhnung bemühen, wenn man mit jemandem Streit hatte.
- Das Gebet. Am Abend oder Morgen vor der Kommunion muss man im Gebetbuch die „Gebetsregel für die Kommunion“ lesen. Man soll sich geistig und mit der erforderlichen inneren Haltung in Erwartung der großen Freude auf die Verbindung und Vereinigung mit Christus einstellen. Das Orthodoxe Gebetbuch kann man in der Kirche oder über das Internet erwerben. Es enthält die Morgen- und Abendgebete sowie Gebete zu verschiedenen Anlässen.
- Fasten. Der erwachsene Gläubige muss drei Tage lang vor der Kommunion fasten. Er verzichtet auf Fleisch- und Milchspeisen. Er ernährt sich mit vegetarischer Kost, also zum Beispiel mit Gemüse, Früchte, Graupen, Brot. Wer noch keine Erfahrung mit dem Fasten hat, sollte sich mit der Tradition der Kirche in dieser Frage vertraut machen.
- Eucharistisches Fasten. Aus Ehrfurcht vor den Heiligen Gaben gibt es das eucharistische Fasten vor der Kommunion. Das bedeutet: am Tag der Kommunion darf ab Mitternacht nichts mehr gegessen oder getrunken werden, man muss also auf das Frühstück verzichten. Ausnahmen gibt es für Kranke, die unbedingt Medikamente einnehmen müssen. Sie dürfen hierzu Wasser trinken. Kindern darf man morgens etwas zu essen geben, nicht aber noch in der Kirche.
- Beichte. Vor der Kommunion muss man gebeichtet haben. Lesen Sie diese Broschüre, schreiben Sie die Sünden auf, die Ihre Seele belasten und die Sie vor Gott im Sakrament bekennen wollen. Beichten können Sie am Morgen vor der Liturgie oder am Vorabend. Am Abend hat der Priester in der Regel mehr Zeit zur Verfügung für den einzelnen Gläubigen, der zur Beichte kommt.
- Kinder. Kinder bis zum siebten Lebensjahr kommunizieren ohne Beichte. Ältere Kinder müssen vorher beichten. Die Vorbereitung übernehmen die Eltern und die Taufpaten. Diese können sich mit Fragen zur Beichtvorbereitung an den Priester oder die Leiter und Leiterinnen der Sonntagsschule wenden.
- Dank. Es ist erforderlich, nach dem Empfang der Heiligen Kommunion Gott für diese große Freude zu danken. Hierzu dienen die Gebete nach dem Empfang der Heiligen Kommunion, welche in der Kirche unmittelbar nach dem Ende der Liturgie gesprochen werden. Bis zum Ende dieser Gebete bleiben die Kommunikanten in der Kirche. Sollte jemand früher gehen müssen, so obliegt es ihm, diese Gebete zuhause nachzuholen. Man muss sich bemühen, nach dem Empfang der Kommunion nicht sofort wieder zu sündigen, sondern man sollte möglichst lange Christus in sich zu bewahren. Nach der Beendigung des Gottesdienstes geht man in die Welt und trägt das Licht Christi zu unseren Nächsten und zu allen Menschen, um mit Worten und Werken das Gute zu schaffen, Werke der Barmherzigkeit zu üben und den Frieden in die Welt zu tragen.
Wo kann man mehr über den orthodoxen Glauben erfahren?
- Die Bibel und das Evangelium. Das wichtigste Buch der Kirche ist die Bibel. Die Bibel besteht aus zwei Teilen: dem Alten Testament – dem, was vor Christus passiert ist, und dem Neuen Testament – dem, was nach Seiner Geburt geschah. In dem Neuen Testament finden sich vier Evangelien, die über das Leben und die Lehre von Jesus Christus berichten. Wenn Sie die Bibel noch nicht kennen, sollten Sie nicht versuchen, diese von der ersten bis zur letzten Seite durchzulesen. Lesen sie als aller erstes nur die vier Evangelien – das ist der wichtigste Teil der Bibel, der auch am einfachsten zu verstehen ist. Eine Bibel kann man am Kerzentisch oder in einem Bücherladen kaufen. Außerdem kann man die Bibel im Internet lesen.
- Orthodoxes Glaubensbuch. Dieses Buch können Sie komplett online auf der Webseite www.orthpedia.de lesen.
- Katechismus. Es gibt keinen einheitlichen orthodoxen Katechismus, jedoch gibt es verschiedene Bücher über den orthodoxen Glauben. Dazu gehören:
- Das Gesetz Gottes. Ein klassisches Werk, das sich sowohl für Kinder, wie für Erwachsene eignet.
- Warum bist du nicht getauft? In diesem Buch geht der Autor auf Fragen ein, die einen Menschen vom Glauben abhalten könnten.
- Christus in euch: Hoffnung auf Herrlichkeit. Ein Buch, was sich besonders für Menschen eignet, die sich bereits mit der Theologie anderer christlicher Kirchen auseinandergesetzt haben.
- Auf dem Weg zu Gott. Ein leichtes, aber tiefgründiges philosophisches Werk.
Diese und andere Bücher über die orthodoxe Kirche können Sie beim Verlag Edition Hagia Sophia bestellen: www.edition-hagia-sophia.de
Auf den Internetseiten www.orthpedia.de, www.orthodoxie-in-deutschland.de und orthodoxe-katechese.jimdo.com enthalten viele Informationen, Audio- und Videovorträge über den Glauben der orthodoxen Kirche.
Verzeichnis der orthodoxen Gemeinden in Deutschland unter: www.rokmp.de und www.rocor.de/adresa.html
Zusammengestellt von: Priester Alexej Veselov. Übersetzung: Diakon Dr. Elmar Kalthoff. Krefeld, 2018.